Mantra Musik

Samstag, 10. Oktober 2015

Tagebuch - 10.10.15 Depersonalisation


Ich bin gerade sehr froh, dass es dieses Tagebuch gibt.
Ich hatte einen wundervollen und innigen Morgen mit meiner Frau. Es ist wie ein Eintauchen, ein verschmolzen sein und mit dem Auftauchen kam dann der - ich weiß nicht wie ich es sagen soll, es ist kein Zusammenbruch, nicht das was man darunter versteht. Es war nur eine Frage, die ein großes Fragezeichen hinterlassen hat und dann kamen Tränen und ich sitze hier und weine immer noch, während ich schreibe.

"Wer bist du?" fragte meine Frau. Ich sah in mich hinein, ich hörte in mich hinein. Und ich antwortete irritiert:
"Ich weiß es nicht!"

In der Psychologie nennt man diesen Zustand Depersonalisation.
Danach kamen die Tränen weil mir auf einmal Schlagartig etwas klar wurde, seit drei Tagen gibt es meine Innies und Außenpersonen nicht mehr. Seit drei Tagen ist es ruhig in mir.
Wie einige von euch wissen, bin ich oder war ich eine Multiple Persönlichkeit. Es gab Jo und Johanna im Außen und der Rest meiner Vielen lebte im Innen. Diese Persönlichkeiten begleiten mich nun mein ganzes Leben und nun ist da wo so viele Sprachen und unterschiedliche Gedanken und Gespräche waren NICHTS.
Ich lag in den Armen meiner Frau und fühlte weder Jo noch Johanna, weder Yen, noch Grid, noch Rechts oder Lings, Kein Moon NICHTS. Ich fühlte nur diese Ruhe und den Frieden und dann fing ich an zu weinen und jetzt weine ich. Ich kann noch nicht mal sagen, das ich traurig bin, ich weiß nur nicht wer ich bin.
Mir ist bewusst, das ich diesen Zustand der Depersonalisation, den ganzen gestrigen Tag hatte. Und im Grunde genommen, rechne ich schon etwas länger damit, das es passiert.
Aber es ist etwas anderes, es Intellektuell zu erfassen, als es zu erfahren.
Ich stellte mir selbst die Frage: Wer bin ich?
Ich hörte in mich hinein und da ist kein Echo, nicht dieses Vertraute: "Du bist Jo" "Du bist Johanna". Mein Verstand will auf das zurückgreifen, was er kennt. Ich erinnere mich wie an einen Traum...

Ich sagte: "Was ist wenn ich jetzt nicht mehr malen kann oder schreiben?"
Meine Frau nahm mich fest in den Arm und lachte.
"Schatz du bist eins, das Malen und das Schreiben gehört zu dir"

Ich bin mir da ehrlich gesagt nicht sicher. Wobei ich auch hier weiß, es sind Gedanken, Unsicherheiten in Form eines nichts Wissens, Entstanden aus dem Zustand in dem ich mich befinde. Es ist ganz neu, ich kann hier nicht auf Erinnerungen oder alte Muster zurückgreifen, ich muss es erfahren. Ich kann also erst wissen, ob ich das was die Malerin konnte, kann, wenn ich anfange wieder zu malen. Was ich heute tun werde.

Das ist eine unglaubliche Reise an einen Ort den es nicht gibt.
Sie fragte:
"Da ist doch dieser Raum, in dem alle sind. Ist der Raum noch da?"
Einen kurzen Moment wünschte ich, sie hätte nicht gefragt. Ich kuschelte mich noch enger an sie:
"Da ist nichts" Ich fing nun richtig an zu weinen.
Es tat gut, die Nähe zu ihr, die Geborgenheit. Das Gefühl ihr bin ich nicht zuviel in diesem Moment. Ich kann mich fallen lassen, einfach so. Unter Tränen sagte ich:

"Kannst du damit leben, das ich jetzt Andarnil bin?" Ich musste ja irgendwie heißen... oder nicht. Müssen, nicht müssen.. ok das ist kompliziert.

Wieder lachte meine Frau und ihre Umarmung wurde noch inniger, zärtlicher.

"Ich lebe seit fast 18 Jahren damit, das du alle Möglichen Persönlichkeiten bist. Ich kann auch damit leben, wenn du jetzt Andarnil bist!"

Sie sagte, das es eine logische Konsequenz sei, wenn das ICH verschwindet. Diesmal musste ich lachen. Gestern noch schwirrte ihr der Kopf, ich versuchte mit ihr über diese Betrachtung des ICH-Losen Zustandes zu sprechen, aber sie verstand es nicht, sagte sie. "Sei mir  nicht böse Schatz, ich glaub dir das es so ist, aber ich versteh nicht was du meinst."

Es ist nur eine logische Konsequenz, sie hat recht.
Aber mein Verstand kann es noch nicht glauben.
Er sagt: "Vielleicht hat sie recht" und das ist so.
Ich lass dieses Vielleicht einfach stehen. Wenn es so ist, dann ist es so. Ich registriere es.

Ich kann mich noch an ein Gespräch mit meinem Therapeuten erinnern. Dieses Gespräch liegt schon einige Wochen zurück, ich denke es war März oder Juni. Da fragte er, ob ich mir vorstellen kann, eins zu sein. Und ich schüttelte vehement den Kopf. Das war unmöglich, ohne die quirlige Jo, ohne die intellektuelle Buddhistin Johanna, ohne die erotische Yen, ohne Mooni, diesen wundervollen süssen Jungen... nein ich konnte es mir nicht vorstellen. Ich wollte es mir nicht vorstellen. Sie alle gehörten zu MIR. Tommi war mein Schutz, der Retter unseres Systems. Und jetzt ist da nichts. Ich frage mich ob es ein Verlust ist. Aber das ist es nicht. Ich frage mich ob sie tot sind, aber das sind sie nicht.
Vielleicht war es nur eine Illusion, oder es ist eine Illusion.

Eine Existentielle Frage: Wenn ich nicht ICH bin wer bin ich dann? Formte sich in meinem Geist und strömte als Gedanke hervor.

Das Du ist genau wie das ICH eine Illusion
Mein Geist formte den Gedanken: Was ist es dann?
Leben ALLES

Ich habe damit gerechnet das ist schlimmer wird, wenn meine Persönlichkeiten zu einer werden - sollte es dazu kommen. Ein Stückchen weit dachte ich, es tut verdammt weh.
Jetzt weiß ich, es ist im Grunde genommen genauso unspektakulär wie die Erleuchtung selbst. Es ist ein Zustand von allem und nichts. Wenn Illusionen Abschied nehmen, hinterlassen sie erst mal eine Reihe von Gedanken und Gefühlen. Ich bin so dermaßen geschult, Gefühle als das zu erkennen was sie sind und ich weiß genau was ich tun muss, um dennoch die Ruhe zu bewahren. Und so war es auch diesmal:

"Schatz ich muss schreiben!"
Britta kennt mich so gut, sie weiß das Schreiben für mich eine Art Stressabbau ist. Ich schreibe meine Gefühle auf und normalisiere sie damit. Es ist meine Art zu verarbeiten, was in mir vorgeht.

Sie lächelte und gab mich aus ihrer Umarmung frei.

Und ich fing an mit diesem Blogeintrag. Nun sind die Tränen getrocknet. Mir ist jetzt bewusst woher diese zarte Traurigkeit gestern kam.
Auch Christiane fragte mich vor einigen Tagen: "Was sagen eigentlich deine Innenpersonen dazu?"
Da sagte ich wahrheitsgemäß: "Ich weiß es nicht, sie sind noch da aber..." Vielleicht hab ich es da schon gefühlt, aber noch nicht erfahren. Diese Erfahrung hab ich erst jetzt.

Christiane ist eine mir wirklich lieb gewordene Freundin. Wir lernten uns in einer Buddhistischen Gruppe kennen und sie schreibt genau wie ich an einem Blog. Bei ihr passierte es im August, ihr ICH verschwand. Sie fiel, verschmolz mit dem Boden und konnte auf einmal nicht mehr lokalisieren wo innen und außen ist.
Christiane schrieb darüber und damals noch dachte ich, es ist nur ein Aspekt von Nondualität. Wir sprachen nicht viel darüber, sie verschwand eine Weile ganz aus meinem Blickfeld. Ich ließ mich in Kundalini 1, 2 und 3 Einweihen und dann passierte es in mir... langsam aber unaufhaltsam. Ich hatte eine Tür geöffnet, die sich nicht mehr schließen lies. Christiane war es dann die mir die Adresse vom Gate gab.

http://liberationunleashed.com/

Ich ließ mir die Seite von Google übersetzen und verstand am Anfang nur Bahnhof. Absolut merkwürdig. Ich registrierte mich im Forum, das - unglaublich umfassend groß sein muss. Dieses Forum gibt es in vielen Sprachen und ist anders als das was ich unter einem normalen Forum verstehe.
Man registriert sich dort und wird danach eingeladen. Ein Guide steht einem ab da zur Verfügung und mit dem Guide geht man durchs (nicht vorhandene ) Tor - das Gate.

Hätte man mir vor Wochen von dieser Seite und dem Forum erzählt, hätte ich das Ganze unter: "Gruselig" verbucht.
Mein Guide heißt "Okay" und er begleitet mich im Grunde genommen immer noch. Ich kann euch das Prozedere nicht erklären, dazu fehlen mir einfach die Worte. Ich kann nur sagen, mein Guide hat mich gefühlt durch das unsichtbare Tor, in eine Welt voller Ruhe und Gelassenheit.
Frieden ist etwas das vorher nur als Wort  existiert hat.
Jetzt fühle ich es in mir. Ich muss nichts mehr tun. Ich kann sein lassen, laufen lassen. Es ist ein unglaublich beruhigendes, entspanntes und gelassenes Gefühl.

Ich kann nun alles sein, ich kann mich weiterhin Jo nennen (das wird auch am einfachsten sein, weil die meisten Menschen mich unter diesem Namen kennen), auch wenn ich sie jetzt nicht fühle.
Ich bin froh, dass A. mir damals diesen Namen Andarnil gab.
Jetzt verstehe ich es erst :)

Namen waren früher immer sehr wichtig für mich, da sie die Existenz unterstreichen. Jetzt gehört das alles zur Vergangenheit... Jetzt ist anders...














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