Mantra Musik

Samstag, 19. September 2015

Ein Augenblick



Es ist wie dieser Augenblick als ich auf den Auslöser drückte und das rechte Auge meiner Tochter fotografierte.
Dieser winzige Augenblick ... in ihrem Auge spiegelt sich die Welt. Man sieht den Himmel und die Baumwipfel. Der Wind spielt mit ihren Rotblonden Haaren. Ich war so fasziniert und das bin ich immer noch, wenn diese Bild betrachte. Ihre großen wissenden Blaugrauen Augen in einem ganz jungen Gesicht.

Mein ICH:
Ich halte einen Moment inne und drücke auf den Auslöser, dieser Moment ist für diesen Moment einfach alles. Genau so ist das Leben, nicht anders, nicht schöner oder besser, oder schrecklicher. Es ist einfach da so wie es ist.
Das Bild habe ich gestern aufgenommen, heute ist sie einen Tag älter, dieser Moment wird nie wieder so sein. Wenn ich morgen ihr linkes Auge fotografiere werde ich neue Dinge darin sehen, neue Erkenntnisse, ein neues Wissen. Wenn ich in einem Jahr dieses Auge fotografiere, wird es wieder anders aussehen, in fünf Jahren... in 10 Jahren. Nie wieder wird sie so aussehen wie in diesem einen Moment.

Das Leben zeigt uns jeden Tag aufs Neue die Vergänglichkeit eines Moments. Die schönen Zeiten wollen wir festhalten wie diese Fotografie, wir wollen eintauchen und nie wieder erwachen, aus dem Glück das wir einst fühlten. Doch oft ist es bei dem Unglück das uns begleitet genauso, eintauchen, immer wieder aufs neue, immer wieder aufs neue den Schmerz fühlen.

Warum ist das so?

Thich Nhat Hanh hat es in diesem Hörbuch wundervoll erklärt.




Wie kann man einen Augenblick wirklich in seiner Gänze aufnehmen, verstehen, akzeptieren, annehmen?

Thich sagt: "Wir neigen zu der Ansicht das wir etwas sind, das länger andauert als unser Einatmen, doch das stimmt nicht ..."

"Der Buddha fragte einmal seine Schüler wie lange ein menschliches Leben dauert.
Eine Person sagte 100 Jahre, eine andere sagte 50 Jahre, wieder eine andere meinte, eine Nacht und einen Tag. Und dann sagte jemand: Es dauert einen Einatmem lang. Der Buddha wandte sich dieser Person zu und sagte: Ja du hast die Wirklichkeit des menschlichen Lebens gesehen. Es dauert nur einen Einatmem lang. Und es kann sogar noch kürzer sein, denn während wir einatmen werden wir schon zu einer anderen Person. Das ICH das vor dem Einatmen da war ist nicht mehr das gleiche ICH nachdem wir eingeatmet haben"


Mit jedem Atemzug vergeht die Zeit, jedes ausatmen ist wie ein Blick in die Vergangenheit.Wenn wir uns auf dem Atem konzentrieren, sind wir in der Gegenwart und wir bleiben in der Gegenwart, weil der Atem auf den wir uns konzentrieren fließt. Mit jedem Einatmen werden wir zu einer anderen Person.
Das ICH verändert sich. Die die jetzt schreibt ist beim Ende des Satzes eine andere, als die die den Satz anfing. Wenn du also am Ende meines Blogeintrags angekommen bist, haben wir beide uns zigmal verändert, immer wieder aufs neue.
Die Gegenwart ist immer nur der Buchstabe den du mit den Augen verfolgst. Dabei spielt es keine Rolle wo du im Satz anfängst. Du könntest auch das erste Wort meines Bogeintrag lesen und dann das letzte. Es ist vollkommen egal. Du wirst ein anderer Mensch sein, nachdem du von einem Buchstaben zum anderen gelangt bist. Nachdem du ein und wieder ausgeatmet hast.
Alles kann sich von einer Sekunde zur anderen verändern in dir.

So wie das Auge meiner Tochter,
das heute schon wieder ganz anders aussieht als Gestern...


Somit schicke ich euch bereits jetzt in diesem Moment, während ich hier schreibe, Grüße aus der Vergangenheit...

Namasté

Eure Andarnil


Fotos: (c) "meine Tochter" von Johanna Andarnil Schlitzkus


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