Mantra Musik

Dienstag, 12. Januar 2016

Tagebuch - Ausstellung plus Update

Update 22.1.2016

Babenhausener Post


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Momentan fühle ich mich wie dieses Bild -  "Kopfüber".
Emotional bin ich wieder etwas gefestigter. Es geht mir gut... so gut wie es eben gehen kann, in der Situation in der wir momentan sind.
Die letzten Tage waren eine emotionale Achterbahn die ich niemanden wünsche.
Gleichzeitig mit der Trauer und - Wut - kamen und kommen viele Ideen, viele Illusionen die ich wieder verwerfe, weil sie Zukunftsprognosen versprechen die irrational sind. Aber auch kreative und konstruktive Gedankengänge, die ich umsetze und noch umsetzen möchte.  
Es leben lassen, erleben lassen, zulassen... was anderes bleibt mir nicht übrig. 
Jeder Tag wieder ein neuer Tag. Jeder Tag ein kleiner Kopfstand mehr... 

Es ist ein Hoch und ein Tief und wieder ein Hoch. Früher konnte ich zwischendurch die Luft anhalten, oder besser die Zeit, eintauchen in einen Zustand von nicht fühlen, vergessen. Das ist jetzt nicht mehr möglich, mir wird jetzt in diesem Moment so richtig bewusst, welch ein Geschenk die Dissoziation ist. Für Betroffene ist es ein unausweichlicher Zustand von Kontrolllosigkeit, von Fremdbestimmung, Kranksein, Anormalität, Hoffnungslosigkeit. Solange bis man akzeptiert. Danach wird es leichter und für einen selbst normaler.

Für mich war es ein geschützter Raum. Mein Bild "Geschützt" (siehe unten) erklärt genau was ich damit meine. Verletzt und Nackt sitzt meine Protagonistin in einer kokonähnlichen Höhle. Genauso habe ich während meinem Vielesein in unserem "Schutzraum" gesessen, wenn eine andere Persönlichkeit sich für mich schützend ins Außen begab.


Ich empfinde mein Leben nicht mehr geschützt. Es ist dem Wandel der Kontrolllosigkeit unterworfen, was immer passiert, passiert. Damit muss man erst einmal zurecht kommen. Das Alte System etwas oder jemanden kontrollieren zu wollen, ist noch als nicht erfüllbarer Wunsch in der Erinnerung vorhanden. In meinen Bilder verarbeite ich meine Gefühle vielleicht noch intensiver als in meinem Blog. Das wird mir gerade in diesem Moment bewusst. 
Mein letztes Bild und mein erstes das ich während meiner Ausstellung gestern verkauft habe, bekam den Namen "ICE". 



Ein Zustand von Kälte, Realität, ungeschminkter Betrachtung von dem was da ist. Hier schaut das Mädchen in Rot durch ein Fenster nach Draußen und was es sieht irritiert sie. Für den Betrachter ist es einfach nur die Realität. In der Farbe Blau bringe ich die Kühle der Realität mit rein. Illusionslosigkeit mit einer Spur von Ausgeglichenheit und Ruhe (in Form von Eisblumen). Das Rot des Mädchens signalisiert das Leben und Erleben, in ihr pulsieren Emotionen die sie nicht nach Außen trägt.  Psychologisch gesehen ist da jemand der voller Emotionen sich nach der Ruhe und Ausgeglichenheit sehnt. Und obwohl ich mehr Blau benutzt habe, ist es doch das Leben das hervorsticht, die Intensität der Emotion. 

Und genau so geht es mir gerade, ich möchte etwas tun, mich bewegen und gleichzeitig suche ich den Ausgleich der mir hilft die Ruhe zu bewahren. Das Mädchen hinter dem Fenster schaut nach Draußen mit großen Augen schaut es in die Ferne... nichts über die Zukunft wissend... das bin ich.

Sehr spannend fand ich, dass genau dieses Bild zuerst verkauft wurde. Auch spannend, wie ich es verkauft habe. Man hat mir dafür mehr Geld geboten als dann genommen habe, weil ich gefühlt habe, das es der Käuferin weh tut, sie aber nicht "unter Preis" bieten wollte und zweitens ich das Gefühl hatte, das es nicht weh tun soll... denn wer das Bild kauft, weiß was "Wehtun" heißt. Das ist ein Liebhaberstück.  Britta meinte, ich würde spinnen, aber ich habe nur gelächelt. Es ist genauso richtig und nicht anders. Bislang habe ich fast all meine Bilder so verkauft, dass ich das Gefühl hatte Käufer und Bild verschmelzen miteinander, ergeben eine Einheit, eine Verbindung. Klar gab es auch Bilderaufträge da versuchte ich meine Person herauszuhalten und das waren dann auch die schwierigsten Momente der Malerei. 

Die besten Bilder sind die in denen ich mich verliere, mich einlasse auf Farben und Geschichten. Mit jedem Pinselstrich male ich einen Roman.
Das sind die Bilder die mir viel bedeuten.
Hayati (arabisch: Mein Leben) gehört dazu.
Mein bislang - für mich - bestes Bild.


Als ich es malte wusste ich gar nicht genau warum ich es malen muss. Es war eine Art Besessenheit die mich schon letztes Jahr ergriffen hat, als ich in einem Zeitungsartikel über Syrien ein Bild sah, das mich fesselte. Ein Foto das man moralisch und ethisch gut in die Schublade "Skrupellose Presse Manipulation" stecken kann. Ein kleines Mädchen wurde kurz nach ihrem Tod fotografiert. Im ersten Moment schien es mir, als wäre noch Leben in ihr, die großen braunen Augen - und im nächsten Moment sog ich zischend die Luft ein - ein Kriegsopfer. 
Ich musste weinen bei dem Anblick - nicht weil sie tot war, sondern weil der Tod sie überraschte, es schien so, als hätte sie gerade eben noch gespielt und im nächsten Moment lag sie tot in ihrem eigenen Blut. Dieses Foto war ein Meisterwerk, denn der Fotograf hat noch die Seele des Kindes einfangen können - ich glaube das man wirklich Künstler sein muss, um hinter diese moralisch verwerfliche Betrachtung zu blicken - skrupellos erscheint es, weil der Fotograf so beherrscht war und klar um auf den Auslöser zu drücken. Ich hätte gekotzt aber mit Sicherheit kein Foto geschossen. Stattdessen habe ich es gemalt... eine Distanz später.

Ich war mir damals nicht bewusst, warum ich dieses Bild mit Pinsel und Farbe umsetzen muss. Aber aus genau diesen Gründen habe ich das Foto abgespeichert, um es zu malen. Fast ein ganzes Jahr lag es auf meinem Rechner, bis zum 30.12 und am 2.1. war ich damit fertig. Für mich ist es mein persönliches Lieblingsbild. Mit dem Skalpell stach ich mir zuletzt in den Finger und ließ mein Blut an ihren Mundwinkeln hinab fließen. 

Dieses Bild bedeutet mir sehr viel, mehr als alle anderen Bilder. Nicht nur weil es mein Blut enthält sondern weil es ein Teil meiner Geschichte in sich trägt. Aber das wurde mir erst vor kurzem bewusst.  Es ist als wäre mein eigener Tod Vergangenheit. Ich hab mich letztendlich selbst überlebt und genau deshalb liebe ich dieses Bild.
Denn der Tod ist nur eine Fassette, in Wahrheit ist es das Leben, das sich in diesem Bild zeigt... und wer genau hinschaut, kann es erkennen.

Ich bezweifle das sich irgend jemand ein solches Bild ins Wohnzimmer hängen will. Auch aus dem Grund habe ich den Preis hierfür sehr hoch angesetzt.

Meine Ausstellung "Augenblicke" (im Geiste manchmal auch: Momentaufnahmen) geht noch bis zum 29.1. (Groß-Umstadt, Volksbank)
Es war ein komischer Moment als man mir Blumen überreichte und  mich für einen Artikel der demnächst erscheinen wird fotografierte. 
Ich fühlte mich total deplatziert. Total fremd wie ich dort stand. Ich hielt mich an meinem riesen Blumenstrauß fest und lächelte steif in die Kamera. 


Kennt ihr das Gefühl, nicht so recht zu wissen, wie man stehen soll, lächeln soll, wohin mit den Armen, den Füßen, den Gedanken: "Mach endlich! Drück auf diese verfluchte Kamera, meine Mundwinkel gefrieren gleich zu Stein... also MACH ENDLICH!"
Ich war froh wieder draußen zu sein, mit diesem leichten wehmütigen Gefühl meine Bilder zurück zu lassen...

Meine erste Ausstellung. Ein komisches Gefühl.
Überhaupt fühlte ich mich an diesem Tag tollpatschig und gehemmt. Ich stehe nicht gerne im Rampenlicht. Gut das Britta und Sonja dabei waren, ich habe beide genervt, weil ich zweimal alles umwarf und sie die Bilder neu ausrichten mussten. Ich bin so ein verfluchter Perfektionist.. und wenn ich ehrlich bin, ich musste einige Kompromisse machen. Aber im großen und ganzen bin ich zufrieden wie die Bilder hängen und in welcher Komposition. Ich bin unglaublich froh, dass Sonja mich so gut kennt :) und meine Ungeduld erträgt. Und Britta mich so gut kennt und weiß wie ich mich in Wahrheit fühle... Ich wurde in einen Sessel gesetzt und da musste ich wohl oder übel sitzen bleiben, denn beim Versuch zu helfen, kam nur Mist heraus...

Als ich Gestern nachhause kam fühlte ich ein Gefühl von Melancholie in mir, mein Atelier sieht so leer aus ... 

Aber auch das ist ok für den Moment... 

Das Leben empfinde ich zur Zeit wie ein  Feuer, oder wie einen Zunami - absolut unkontrollierbar und ziemlich zerstörerisch.

Aber es trägt auch viel Hoffnung in sich:

Denn das eine geht, damit das andere kommen kann...

Und auch wenn es privat gesehen gerade nicht so einfach ist... so geht es weiter, von Stufe zu Stufe und wiedermal muss ich an mein Lieblingsgedicht denken (das ich hier schon einige Male zitiert habe)
"Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben..."
Ach ja...

In diesem Sinne

Namasté
eure Andarnil






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