Mantra Musik

Mittwoch, 6. Mai 2015

Steh auf!!! - oder der Unterschied zwischen Anpassung und Solidarität...




Monolog:
"Ach ja, genau DICH wollte ich heute ansprechen.

Ich wollte dir einfach mal sagen, wie doof ich dich finde. Ich finde deine Meinung zum kotzen und deinen Charakter sowieso.

Hast wohl schlecht gefrühstückt was? Oder bist irgendwie krank im Kopf, denn anders kann ich mir das nicht vorstellen.

Vielleicht solltest du deinen Arzt wechseln.

Was du wieder für einen egozentrischen Mist von dir gibst, du willst dich wohl immer in den Vordergrund einschleimen was? Außerdem mach ich ganz andere Dinge als du, ich mache viel bessere Dinge. Ich bin auch ein besserer Veganer. Ich würde nie meinem Kind Oreokekse kaufen und meine Hunde und Katzen omnivor ernähren, du heuchelst du bist Tierschützer und dann machst du so was. Da kannst du ja gleich Fleisch essen.

Es interessiert keinen was du denkst, du kannst gar nicht denken und ein Empath bist du erst recht nicht, sonst würdest so so was nicht schreiben. Nein du bist ein Egoist und überhaupt wieso hältst du nicht einfach die Klappe..."



Erkennt sich in den Worten jemand wieder?
Fühlt ihr euch angesprochen?


So ergeht es mir jedesmal wenn ich einen Artikel schreibe, irgendwer fängt an mich anzumachen, weil ich ja so egoistisch und egozentrisch und krank bin, weil ich irgendwie nicht den Mainstream bediene, dieses: "Oh wir sind alle so toll!!!"

Weil ich sage was ich denke ohne mich an Vorgaben zu halten, welche mir genau sagen was ich zu schreiben und was nicht.

Im Grunde genommen teile ich nur das mit, was die meisten bereits vermuten, aber nicht lesen/wissen/ hören wollen.
Es ist kein Absolutionsgedanke der mich dazu bringt etwas auszusprechen, was man nicht so gerne hören will. Ich tue es, weil ich es tun muss. Es ist eine Sog Dinge die in mir erwachen der Welt mitzuteilen. Man kann es auch Berufung nennen. In erster Linie ist es etwas ganz persönliches und das hat mit dem Leser meiner Artikel überhaupt nichts zu tun. Hätte es etwas mit ihnen zu tun, würde ich für jeden Artikel den ich schreibe Geld verlangen. Dann wäre es nicht Persönlich sondern Allgemein. So aber schreibe ich in erster Linie für mich. Als Erinnerungsstütze, als Tagebuch, als Momentaufnahme meiner Gedanken, Gefühle, Empfindungen. Ich gehe an die Wurzel und an die Grenze um genau dort nachzuhaken. Und ich mache mich verdammt unbeliebt weil ich dabei bleibe, ich kippe nicht um egal was man mir an den Kopf wirft.

Natürlich schreibe ich öffentlich, ich nehme dazu Google, Facebook, meinen Blog. Manchmal veröffentliche ich auch einen Kommentar irgendwo und geh wieder. Daraus entsteht dann eine eigene Geschichte, mal mehr mal weniger voller Wut.

Ich hab mir selbst oft die Frage gestellt, warum ich mir das antue, warum polarisiere ich so stark. Eine richtige für mich vernünftige Antwort habe ich bisher noch nicht erhalten. Ich tue es, seit dem es das Internet gibt. Davor habe ich Tagebuch und Briefe geschrieben, ich habe sie öffentlich angepinnt. An die Wand gekleckst, an Leute verschickt, oft an meine besten Freunde - einfach nur meine Gedanken. Wir haben dann Stundenlang zusammen gesessen und darüber geredet.

Ich mache das also schon immer. Ich bin immer schon präsent gewesen. Nie jemand der sich hinter dem Rücken eines anderen versteckt. Wenn ich merke etwas ist ungerecht - für mich oder für andere - halt den Kopf gerade und spreche es aus!!!

Das ist schon einigemale der Grund gewesen warum ich gefeuert wurde. So wollte ich einmal einen Betriebsrat gründen, weil meine türkischen Kolleginnen schlechter bezahlt wurden, als meine deutschen. Das hat einigen Wirbel verursacht und am Ende wurde ich fristlos gekündigt. Ich wurde damals gefragt, warum ich nicht die Klappe halte, es würde mich ja überhaupt nicht betreffen. Und genau das ist es was ich auch heute noch zu hören oder zu lesen bekomme.

Warum machst du das, es betrifft dich doch überhaupt nicht!

Ich denke (und sage) dann: "Wenn jeder so dächte, dann würde sich nichts an dieser Welt verändern. Jeder würde nur sein Ding machen, egal wie es dem anderen geht".

Ich habe daraufhin schon gesagt bekommen: "Aber jeder denkt so, du bist die jenige die Spinnt!"


Gerechtigkeit ist in unserer Welt ein zweischneidiges Schwert. Die Gerechtigkeit gilt nur wenn es einen selbst betrifft und nicht das Gegenüber. Der Mensch denkt er ist gerecht, wenn er seine eigenen Interessen durchsetzt. Ich habe letztens einen Film gesehen, da ging es darum, dass sich eine Frau für ihre Kolleging einsetzte, die vom Chef sexuell missbraucht wurde. Sie kämpfte gegen Windmühlenflügel.

So ein ähnlicher Typ bin ich auch.

Manchmal sind meine Artikel ziemlich haarig, sie ziehen genau die Menschen in den Bann, die sich durch meine Art der Sprache verletzt fühlen.

Sie werfen mir dann vor, ich würde genau SIE meinen. Als würde ich mir die Leute (siehe oben) aus der Masse herauspicken, die ich anspreche: "Ja genau dich meine ich!!!"

Sie begreifen nicht, das ich vollkommen allgemein schreibe, ohne jemanden direkt anzusprechen, sie begreifen nicht, das es genau ihr Thema ist. a) sich unwohl zu fühlen, weil irgendwo ein Quäntschen Wahrheit im Text steckt, das sie herauskitzelt. und b) es nur meine ausgesprochene Meinung ist, mehr nicht.

Sie denken ich will ihnen und derer die sich mit ihnen solidarisiert haben, ans Bein pinkeln.

Ich habe auch nichts anderes zu tun, als genau die Themen auszusuchen, die gerade nicht passen.

Ich geh ganz alleine von meinem Gefühl aus, nicht von dem Gefühl anderer Menschen. Ich bin und bleibe bei mir, weil das Thema über das ich schreibe mich selbst berührt. Etwas in mir freigesetzt hat, das nach Klärung verlangt.

Ich habe mich oft gefragt was die Leute von mir erwarten, dass ich den Text ändere? Das ich mich für meine böse Natur entschuldige?

Was bewegt jemanden meinen Text zu lesen und mich danach anzugreifen? Was geht in diesen Jemanden vor?

Warum muss auf eine Meinung eine Gegenmeinung geschrieben werden? Kann man sich nicht einfach sein Teil denken: "Die hat aber eine Scheiß Meinung!" ist mir viel lieber als:

"Meine Meinung ist aber viel besser als deine und ich will dir jetzt mal meine Meinung sagen!"

Das erstere ist mir viel lieber, als diese Endlosdiskussionen, von wegen: "Ich will aber Recht behalten!!" Wenn ich auf diese Rechthaberei antworte, ergibt sich automatisch eine Tirade von Vorhaltungen, Angriffe auf Angriffe folgen. Je mehr ich dann bei mir bleibe, fühlt der andere sich im Unrecht. Also gibt es nur zwei Möglichkeiten für mich, ich sage: "Das ist meine Meinung, es muss nicht deine sein!".
Und dann beende ich das Gespräch.

Es geht mir beim Schreiben nicht ums Recht behalten. Es geht mir nur um einen Moment meiner Wahrnehmung und die kann mir niemand absprechen. Natürlich kann man (wie ein Kommentator so nett formulierte) mich als Krank bezeichnen oder als Verrückt, weil ich nicht der gängigen Meinung entspreche. Ich falle oft aus dem Rahmen. Und die jenigen die sich mir verbunden fühlen trauen sich oft gar nicht etwas zu schreiben, weil sie sofort mit in den Shitstorm geraten. Also bekomme ich Mails oder persönliche Nachrichten zugeschickt. Oberflächlich gesehen ist das eine nette Geste, tiefer betrachtet macht es mich mal wieder zur Frau die sich damals für ihre Kollegen einsetzen wollte und dafür im hohen Bogen aus der Firma flog.

In all den Jahren hat sich nichts verändert. Meine türkischen Kolleginnen schwiegen lieber, statt aufzustehen und zu sagen: "Wir wollen nicht so behandelt werden!"

Ähnlich verhält es sich hier auch, lieber dieses heimliche Schulterklopfen als öffentlich dazu zu stehen. Mir geht es nicht um die Liks in Facebook. Mir geht es um Offenheit. Diese falsche Solidarität ist nicht vergleichbar mit einer offengelegten Meinungsäusserung gegen die Missstände unserer Gesellschaft.

Lieber schweigt man sich aus, rückt näher an allgemeingültige Meinungen die besser zu dem passen was man allgemein denken darf und was nicht. Wenn ein Unglück passiert, reiht man sich ein unter denen die laut verkünden, wie furchtbar es ist. Dann ist man gleichwertig und normal.

Statt darüber nachzudenken wie man Unglücke verhindert. Oder auch darüber nachzudenken, was man braucht um sich zu solidarisieren. Gleich und Gleich gesellt sich gerne, es ist so einfach die Meinung stehen zu lassen, die der eigenen gleicht.

Meine Schwester sagte mir mal vor langer Zeit: "Das macht doch jeder!" dabei lag sie in der Badewanne, schlürfte Sekt, während sie vorher ihren Mann betrogen hatte.

Ich sei eben anders!

Das ist jetzt schon über 25 Jahre her und trotzdem denkt sie wahrscheinlich immer noch so. Es ist normal, das was jeder macht.

In ihren Augen war ich noch nie normal, weil ich immer etwas tat, was mich von anderen unterschied.
Ich war schon als Kind ein Extrem und ich bin es heute noch.

Eigentlich erwarte ich noch nicht mal das man meinen Senf liest. Das ich oft in aller Munde bin (ich werde dann auf etlichen Seiten zitiert und teils sogar falsch... ziemlich schräg) ist mal wieder typisch für mich, aber keinesfalls gewollt.

Eine Freundin schrieb letztens auf meine Chronik:

"Du brauchst keinen Lehrer, der dich beeinflusst. Du brauchst einen Lehrer, der dich lehrt, dich nicht mehr beeinflussen zu lassen.

Dalai Lama"

Ich musste Lachen als ich das las.

Ich glaube dieser Lehrer begleitet mich schon eine ganze Weile. Er nennt sich Leben!

In diesem Sinne: Glaubt nur das was ihr wirklich alleine erkannt habt. Lasst euch nicht beeinflussen von den Medien, von anderen Meinungen. Seit offen aber nicht manipulierbar. Und vorallem habt einen graden Rücken, haltet den Kopf oben und steht dazu.

Es gibt genug Menschen die einfach nur labbern, sich da einzureihen ist keine Kunst, aber den Mut aufzubringen aufzustehen, während alle sitzen bleiben und laut zu sagen: "Ich mach da nicht mit!" das ist wahre Solidarität und zwar dem gegenüber, der nicht mehr stehen kann, weil das Gewicht der "Normalität" ihn zu erdrücken droht. 

Wir alle haben ein Gewissen, das sich so oft zu Wort meldet und dem wir keine Beachtung schenken, weil wir Angst haben uns unbeliebt zu machen. Aber die wahre Liebe gibt es nur wenn man sich dem eigenen Gewissen stellt. Alles andere ist Trug. Wir denken wir müssen uns solidarisieren wenn der Mainstream mal wieder die Oberhand hat. Das ist keine Solidarität, sondern Anpassung, der Unterschied ist einfach.

Wenn man sich solidarisch auf eine Seite einer Gruppe stellt, hat man über die Situation nachgedacht, man wägt ab: Was ist Gerecht? Und was kann ich Tun, um es Gerechter zu machen?
Es ist ein Denkprozess der in Gang gesetzt wird, weil das eigene Gewissen sich meldet.

Wenn man sich anpasst, schaltet man das eigene Gewissen ab, man tut es um sich stark in der Masse der anderen zu fühlen, man tut es um sich unsichtbar zu machen. Um nicht aufzufallen. Um dabei zu sein.

Das eine geschieht aus Mitgefühl, das andere aus Egoismus.

In diesem Sinne...

Ich wünsche euch, dass ihr anfangt zu hinterfragen.
Ich wünsche euch, dass ihr gefühlvoll seit.
Ich wünsche euch, das ihr auf euer Gewissen hört, statt euch blind und taub einer Masse hinzugeben, weil er nicht alleine sein wollt.

Seit Mutig euch einzugestehen nicht mutig zu sein. Das ist der erste Schritt um eines Tages mit Herzklopfen aufzustehen, während alle anderen sitzen bleiben um laut zu verkünden: "Ich mach da nicht mit!"

Ich weiß noch den Tag als ich das erste Mal aufstand. Ich war in der vierten oder fünften Klasse und irgendjemand machte sich hinter mir über einen anderen Lustig. Dem Lehrer interessierte nur das es lauter wurde in der Klasse, also schnappte er sich Denjenigen der gehänselt wurde und sich mit Worten zur Wehr setzte. Der Junge sollte nach Draußen vor die Tür gehen. Also stand ich auf und sagte laut: "Das ist ungerecht, er hat nicht angefangen. Wenn er gehen muss, gehe ich auch!"
Ich hatte furchtbare Herzklopfen, denn ich war kein beliebtes Kind. Ich saß alleine auf meiner Schulbank, in der Pause stand ich alleine auf dem Schulhof. Ich war sehr einsam zu diesem Zeitpunkt. Und eigentlich hätte ich den Mund halten sollen, denn ich wusste genau, ich würde mir Ärger einhandeln. Aber ich konnte nicht, weil mein Gewissen laut brüllte: "Das ist nicht gerecht!"
Jeder sah mich an, viele überraschte Blicke. Denn bis zu diesen Zeitpunkt sprach ich so gut wie gar nicht im Unterricht, ich war Unsichtbar oder wurde gehänselt oder war einfach nicht da (ich schwänzte während meiner Schulzeit mehr als das ich Anwesend war). Das ich da stand und laut meine Meinung sagte, war etwas ganz neues. Auch für mich war es neu und aufregend. Denn man sah MICH an, man hörte meine Worte.

Ich musste mit dem Jungen nach Draußen. Aber es war ein erster Sieg gegen die "Normalität" (zu der ich schon alleine wegen meiner Herkunft nicht angehörte), gegen die Schweigsamkeit, gegen die Ungerechtigkeit.
Dieser gehänselte Junge wurde mein erster Freund.

Und seit dem stehe ich auf und lasse es mir von niemanden verbieten meine Meinung zu sagen. Mut ist etwas das ich lernen musste, heute habe ich die Gewissheit meinem Gewissen zu folgen.


Namasté

eure Jo


Bilder von meiner Freundin (c) Enna Janov aus ihrem Album Urb-Ex. Leider noch nicht öffentlich verfügbar, aber ich darf sie verwenden. Welche Ehre!!!


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