Mantra Musik

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Das unsichtbare Tor - Konditionierung, Leid, Bedingtes Entstehen, Einssein



Durch die ICH-Losigkeit erlangt man Freiheit.
Tao-hsin sprach zu seinen Schülern:
„Was sieht ein Käfer, was fühlt er?
Und ein Adler?
Und ein Staubkorn?“

Wir gehen erstmal davon aus, das alles getrennt zu betrachten ist,  so sehen wir den Adler, den Käfer als Tiere, die nicht viel mit uns zu tun haben, da sie keine Haustiere sind und den Staub sehen wir höchstens wenn wir die Wohnung sauber machen. Wir bringen es nicht in Verbindung, weder den Käfer, noch den Adler, noch den Staub.

In unserer Sicht vergeben wir Werte, je nachdem was wir lieber mögen. So hat die "Haus"Katze für uns einen Wert, wenn sie bei uns lebt, der Käfer bekommt einen Wert, wenn er uns stört, dieser Wert ist Negativ besetzt und den Adler sehen wir auf Bildern und finden ihn vielleicht schön und so erlangt auch er seinen Wert.
Je nachdem was uns gefällt oder nicht gefällt vergeben wir Bewertungen und trennen somit das eine vom anderen.

Etwas bewerten heißt etwas nur oberflächlich zu betrachten. Bewerten wir eine Katze positiv und einen Käfer negativ, ist das nur eine Empfindung und entspricht somit nicht der Wahrheit, das die Katze positiv ist und der Käfer negativ. Diese Bewertung entsteht dadurch das wir im Laufe unseres Lebens positive oder negative Empfindungen mit dem Tier hatten und an dieser negativen Empfindung festhielten. Doch diese Empfindung müssen noch nicht einmal von uns selbst stammen. Es kann auch gut sein, das eines unserer Vorbilder eine negative Erfahrung machte und wir dabei waren. Wir haben dann die Erfahrung eines anderen in unser Gefühlsspektrum eingebunden, als wäre es unsere eigene Erfahrung. So was nennt man auch Konditionierung. Angenommen eine Katze hat während unserer Kindheit eines unserer Vorbilder gebissen, und unser Vorbild  hatte danach schmerzen und war sehr schlecht gelaunt. So haben wir uns gemerkt, wenn eine Katze beißt, dann hat man schlimme Schmerzen und hat schlechte Laune, es ist niemand mehr da der mit uns spielt, dessen Aufmerksamkeit wir gewinnen können, denn der Schmerz ist stärker als wir. Somit bekommt die Katze eine negative Bewertung.
Das gleiche gilt z.B. für eine Spinne, eines unserer Vorbilder hat Angst vor Spinnen, wir merken uns: Angst und Spinne. Somit verknüpfen wir beides miteinander und folglich werden wir bei jeder Spinne in Angstschweiß ausbrechen.

Anfangs gibt es diese Bewertung nicht, ich erinnere gerne daran, das Kinder auch mal einen Regenwurm essen, oder ihre eigene Kacka. Sie machen da keinen Unterschied zwischen Regenwurm, Kacke, oder Nudeln. Für sie ist alles EINS und nur durch den Geschmack zu unterscheiden, aber nicht durch die Bewertung RICHTIG oder FALSCH. Erst wenn wir eingreifen und uns brüllend über die Windel werfen, damit das Kind nicht mehr darin herumpantscht lernt es, das ist BÄH!

Diese Konditionierung ist für ein Miteinander in der Gesellschaft sehr wichtig, aber sie hat auch einen negativen Effekt, wir verlernen uns direkt mit den Dingen näher auseinander zu setzen. Wir erleben die Welt in einem einfachen Winkel von gut und schlecht. Wir Verlassen uns auf das, was andere vor uns erfahren haben.
Die eigene Erfahrung halten wir für unnötig. Ich nenne das, die Vorbild-Erinnerung. Wir lernen Vorbildern zu vertrauen und unseren Gefühl zu misstrauen, das hat im Laufe unserer Entwicklung die Konsequenz, das wir uns lieber an einer Massenmeinung anpassen, als eine eigene zu finden.
Die ICH-Illusion wird dadurch noch verstärkt. Denn die Trennung wird gerade dann am stärksten empfunden, wenn wir einem Vorbild nacheifern wollen. Solange der Mensch Vorbild ist, werden wir alles tun, um ihn in dieser Position zu halten, was passiert ist ein Paradoxum, denn alles in uns strebt danach uns mit gerade diesem Menschen zu verbinden. Auch wenn wir Oberflächlich damit zufrieden sind, den anderen anzuhimmeln, ergibt sich auf der Gefühlsebene eine Art Abhängigkeit die uns im Grunde genommen nur Leid bringt. Denn wenn der andere aus unserem Blickfeld verschwindet, vermissen wir ihn. Und das tut weh.

Interessanterweise funktioniert diese Vorbilderinnerung in alle Richtungen, dabei spielt es keine Rolle ob es sich hier nur um einen Menschen handelt oder eben um eine Masse von Menschen die eine bestimmte Meinung oder ein bestimmtes Interessengebiet teilen.
Die meisten Menschen fühlen sich in ihrem Wesen wohler, wenn sie Teil von etwas sind, statt alleine zu sein.
Wenn man sich dieses Phänomen näher anschaut wird man interessantes feststellen. Alle Wesen suchen das EINSSEIN, ob es nun der Mensch ist, oder ein Wurm. Es spielt keine Rolle. Wir sind unser ganzes Leben auf der Suche nach dem woraus wir entstanden sind - der Symbiose.
Gehen wir mal zurück zu unserer Entstehungsgeschichte: Aus einer Eizelle und einer Samenzelle entsteht der Mensch (durch Zellteilung entstehen alle Lebewesen - soweit ich weiß). Das was getrennt wurde, fügt sich wieder zusammen um sich erneut zu trennen und sich durch ein Gefühl von Liebe wieder zu vereinen. Ein ewiger Kreislauf von werden und vergehen.
Ein normaler Rhythmus des Lebens - Sterben ist Teil davon.

Das ist die Realität in der wir uns bewegen. Sterben ist Teil unseres Leben in jeder Beziehung. Wir geben dem Sterben nur eine andere Form von Vergehen. Wir erleben das Sterben in einer Art Ablösungsprozess unseres Daseins. Doch in Wahrheit erleben wir es jeden Tag aufs Neue.
Zum Beispiel essen wir die Nahrung tot.
Wir zerkauen sie, schlucken sie runter und kacken sie wieder raus. Eine etwas merkwürdige Erklärung?
:)

Wir verlieren jeden Tag Hautschuppen, wir verlieren Haare, wir schneiden Finger und Fußnägel, wir stehen also dauernd mit dem Tod in Verbindung, ohne uns dessen bewusst zu sein.

Mit der ICH-Auflösung erleben wir den Tod als das was er ist, ein Vergehen. Wir erleben die Welt als das was sie ist, das was wir wahrnehmen, was uns unsere Sinnesorgane vermitteln. Und wir erleben es jetzt in diesem Augenblick und was davor war, wird zur Unwichtigkeit. Erinnerungen verlieren ihre Macht. Ich erlebe meine Erinnerungen Blass und Substanzlos und Neutral. Die Distanz zu dem was einst war, ist für mich selbst Überraschend. Im Ich-Zustand erleben wir Leid als das was uns mit anderen Geschöpfen verbindet, aus dem Grund halten wir an Leidvollen Themen fest, an leidvollen Erinnerungen, an leidvollen Gedanken.
Sie geben uns das Gefühl der Verbindung die wir so schmerzhaft Vermissen.

Im Buddhismus spricht man von:
Leid des Leidens
Leid der Veränderung
Leid der Bedingtheit.

Das Leid des Leidens ist die offensichtlichste Form. Wenn nichts mehr so funktioniert wie wir es uns vorstellen, wenn wir Krank sind, wenn die Menschen sterben die wir lieben, wenn wir Schmerzen haben, oder uns Gefühle, Gedanken quälen. Wir das Empfinden der Sehnsucht verspühren, Gefühle wie Neid, Angst, Hass, Wut sind Leidvoll. Die Geburt ist Leidvoll, auch wenn man danach die Schmerzen nicht mehr fühlt, hat man sie während der Geburt, das Altern wird oft als Leidvoll empfunden, das Sterben wird als Leidvoll empfunden. Darüber hinaus gibt es eine Form des Leidens die mit Glück verwechselt wird - das Verliebtsein, die Schmetterlinge im Bauch, das Gefühl des Vermissens, die Angst den anderen zu verlieren.

Das Leid der Veränderung ist die zweite Form von Leid.
Zuerst erleben wir jede Entwicklung als aufregend, interessant und abwechslungsreich. Aber das verändert sich mit der Zeit, je mehr die Entwicklung in den Alltag eingeht, desto mehr begehren wir die Anfangszeiten zurück. Wir versuchen anhand der Erinnerung die wir haben an den Dingen der Vergangenheit anzuknüpfen und erleben immer wieder aufs neue, dass das nicht funktioniert. Der Zustand der Unzufriedenheit erweckt Trauer in uns. Nichts kann dauerhaft bleiben. Das Leid geschieht wenn wir uns durch die Veränderung  ein dauerhaftes Glück erhoffen.

Das Leid der Bedingheit ist die dritte Form von Leid. Es beinhaltet die Tatsache, dass wir keinerlei Kontrolle über unser Leben haben. Das bedeutet das wir im Dasein unserer bedingten Existenz immer wieder mit Leid konfrontiert werden, selbst die glücklichsten Momenten vergehen wieder und die Erinnerung daran schmerz uns.
Wir werden in dieser Form des Leids damit konfrontiert, das wir selbst vergehen ohne das wir etwas dagegen tun können.

In Buddhismus spricht man von Erleuchtung, wen jemand dieses Leid überwindet und überwinden kann man es nur, indem man versteht, das Leid genau wie der Tod Teil des Lebens sind.
Ich-Los oder anders Erleuchtet zu sein, bedeutet nicht, das man Glückseelig durchs Leben geht, es bedeutet nur das man Leben als das (an)erkennt, was es ist. Das Leben selbst, Leid, der Tod wird somit Neutral. 

Gedanken, Gefühle werden Neutralisiert. Das Leid wird nicht mehr als Leidvoll wahrgenommen, sondern als Teil all dessen. Das dieser Zustand einem Glück gleich kommt, erlebt man selbst als Allumfassend. Es gibt Momente da fühle ich eine unbändige aber stille Freude. Ich erlebe mich selbst, obwohl ich sehr wohl sehr emotional und Temperamentvoll war, als sehr ruhig und gelassen.

Mit der ICH-Auflösung gibt es auch keine Kontrolle, das Leben aufhalten zu wollen, den Tod aufhalten zu wollen, irgendetwas aufhalten zu wollen.
Mit der ICH-Auflösung begreift man das das Leben fließt, egal ob Menschen das wollen oder nicht. Man versteht, das alles ein Kommen und Gehen ist. Vergleichbar mit den Jahreszeiten, oder einem Gewässer das fließt, ein Sturm der kommt und wieder geht, Schneefall oder Regen, Sonnenschein oder Nebel.

Mit der ICH-Auflösung erfährt man eine Gelassenheit, einen Gleichmut, eine Ruhe die man davor nie hatte. Es entsteht Frieden in einem selbst. Und mit diesem Frieden begegnet man auch anderen Menschen. Man erkennt, dass das Getrenntsein einer Illusion entspricht und somit dem ICH entspringt.
Das ICH verhindert das wir uns mit anderen Menschen verbinden und mit Verbinden meine ich keinen Sex, sondern das grenzenlose Eintauchen in das Wesen des anderen. Im ICH-Losen Zustand oder auch der Erleuchtung sind wir EINS mit allen Wesen, Mensch wie Tier, eins mit dieser Welt, eins mit dem Universum.
Die Grenzen die wir uns durch das ICH geschaffen haben, hat es nie gegeben und wird es auch nie geben. Wir sind Grenzenlos frei.

Es gibt einen Text zum Torlosen Tor von Nyogen Senzaki,darin schreibt er auf Seite 3.

* "Der große Pfad hat keine Tore, Tausende von Wegen führen zu ihm. Wenn einer durch dieses torlose Tor geht, so wandert er frei zwischen Himmel und Erde".

Im Anhang habe ich euch den kompletten Text in PDF Formal verlinkt. Dort findet man auch einige meiner mittlerweile heißgeliebten  Kōans.

Ah, ihr wollt sicherlich die Frage zu dem obigen Kōan, na was denkt ihr ist die Antwort?

Stell dir selbst die Frage, was du siehst und was du fühlst... dann weißt du es.


In diesem Sinne
Viel Freude beim Lesen.

Namasté
eure Andarnil


"Torlos deshalb weil es in Wahrheit eine Illusion ist, dass es je ein Tor gegeben hat. In Wahrheit folgt man sich selbst. Einem Weg den man geht weil man Frei sein will, weil man das Leid überwinden will. Es ist die tiefe Sehnsucht nach einem Leben ohne Leid.
Und wenn man einmal begriffen hat, das es niemals ein ICH gab, ist man hindurch. Davor war man noch im ICH Zustand, danach im ICH-Losen Zustand. Das Leben selbst verändert sich dadurch nicht. Man hat seinen Alltag, seine Familie. Nur ist man dann an keine festen Strukturen, keine Muster, keine Wahrheiten, keine Kontrolle und keinen Willen mehr gebunden.

Text: http://www.buddhismus-studium.de/materialdownloads/material_torlosetor.pdf



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