Mantra Musik

Donnerstag, 17. September 2015

Tagebuch - Entspricht das was wir wahrnehmen, wirklich der Wahrheit?




Meine Lehrerin hat mich vor eine Lernaufgabe gestellt, die mich wirklich sehr beschäftigt.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie lange ich mich in diesem Thema bewege, manchmal hab ich das Gefühl ich bin angekommen, mein Gehirn weitet sich aus und ich fühle mich für ein paar Sekunden total erleuchtet. Wie eine Glühbirne hell und klar und im nächsten Moment fliegt irgendwo die Sicherung raus und der Alltag hat mich wieder, mit den kleinen und großen Illusionen der Wahrheiten.

Manchmal wehre ich mich regelrecht dagegen, ich lehne mich auf: "Lass mich doch mit diesem ganzen Buddhakram in Ruhe" sag ich mir dann und gebe mich in Aufregung, lasse mich vom "Grr" in mir leiten (ich würde es nicht Zorn nennen, es ist ein aufflackern von Erregtheit, ein Mitfiebern, ein auf einen imaginären Sandsack eindreschen. Sei es nun weil ich mein Weltbild verteidige oder mich in einer Diskussion verfange, die mich keinen Schritt weiter bringt. Meine Persönlichkeiten fühlen dieses Grr in unserer Kehle nahen, zu unserem Kopf steigen und dann ist der Buddhismus mit all seinen kleinen wie großen Hürden vergessen. - Scheißdrauf- ).

Und wenn dann in genau diesem Momenten meine Lehrerin aus dem Nichts auftaucht und mir lächelnd den Spiegel vorhält: "Guck mal was du gerade machst?", frag ich mich für ein paar Minuten, ob der Buddhismus und sie als meine Begleiterin wirklich der richtige Weg für mich sind... Ich möchte "Tsss  tss"sagen, mit der Hand wedeln und sie wegscheuchen wie man eine nervige Fliege wegscheucht..
Was ich natürlich nicht mache, ich bleibe ruhig und sage das ich nachdenken muss. Was ich auch tue und im nächsten Moment taucht dann wieder für ein paar Sekunden die Glühbirne auf und verschwindet genauso schnell wieder.

Ein wichtiger Satz geht mir immer wieder durch den Kopf in solchen Glühenden Momenten, mit meinen Worten: "Ist das was du als Wahrheit empfindest wirklich wahr. Kannst du das mit Ja beantworten?

Und mit ihren Worten:

"Man hinterfragt immer die eigenen Wahrheiten. Denn auch die Wahrheiten anderer können wir nur insofern hinterfragen, wie wir sie im Rahmen unserer Möglichkeiten verstanden haben, welche wir aufgrund unserer Wahrheiten ihnen wiederum als deren Wahrheit zugesprochen haben. Dabei können unsere Wahrheiten über deren Wahrheiten äusserst unwahr sein"

Tss tss... scheuch weg..

Tja da bin ich nun in meiner ganzen Menschlichkeit mitten im Dharma angekommen. Ich kann nicht mehr zurück, das ist mir klar. Und doch wehrt sich hin und wieder so ein kleiner Mala (Sanskrit: मल) Teufel in mir, das alles an mich heran zu lassen.

Ich komme mir oft so dumm vor - nicht in ihren Augen - in meinen eigenen. Wenn sich wirklich mal die Glühbirne einschaltet dann sehe ich die Welt auf einmal anders. Mir wird klar, das es stimmt: Meine Wahrheit ist nur eine Illusion.
Dieses NICHTS das sich dann öffnet ist wie ein Schlag in die Magengrube - Bumm klarer Kopf! Bumm Licht an...

Es ist so als würde man die Erde von einer anderen Welt aus betrachten, ähnlich wie als würde man auf dem Mond stehen und zur Erde schauen. Es baut sich erst einmal Distanz auf und dann öffnet sich ein Loch in das man sinkt, die Distanz verschwindet, der Mond verschwindet, die Erde verschwindet. Sanft und zart und im nächsten Moment wacht man auf, weil man Angst hat zu fallen. Und man ist wieder zurück im Dasein von Dukkha.
Ich hab dann das Gefühl die bis dahin leuchtende Glühbirne ist gerade in Tausend Scherben geplatzt.

Ich habe keine Ahnung ob andere Buddhisten dieses hin und her genauso erleben. Ich weiß auch nicht ob es überhaupt ein Mensch (außer meiner ehrwürdigen Lehrerin und vielleicht noch einigen anderen Erwürdigen Lamas, oder wie immer man sie nennen mag) es geschafft haben, die Glühbirne im Dauerzustand brennen zu lassen.
Meine Lehrerin ist mir ein Mysterium und ich bin sehr dankbar und glücklich (die meiste Zeit), das sie mich als Schülerin begleitet aber gleichzeitig gibt es Momente da wird mir bewusst, wie groß die Verantwortung ist, ich denke dann immer... himmel ich bin ein Kleinkind, das dauernd plärrt und sich dagegen wehrt eine neue Windel zu tragen.

Ich habe meine Illusion vom "lieben Buddhismus" verloren, das hat sich letztens in einem Gemälde von mir manifestiert, meinen "entmystifizierter Buddha".



Sich wirklich in der Tiefe mit dem Buddhismus zu beschäftigen ist ein 24 Stunden Job. Nix mit Pause machen. Wenn man sich einmal in den Tiefen bewegt geht kein Weg mehr zurück, zumindest für mich nicht. Ich tauch ab und tauch auf. Wenn ich aufgetaucht bin, bin ich eine kleine Weile wieder die Jo mit ihrer Schnodderschnauze und wenn ich abgetaucht bin... bin ich Andarnil, die Schülerin von Prajna Karma (eine praktizierende weltliche Yogini) und noch vieles andere. Sie ist in so vielen Dingen bewandert, das ich manchmal dazu neige mich zu zwingen sie als Weltlich zu betrachten, hin und wieder möchte ich mich vor ihr verneigen. Aber alles was ich raus bringe ist ein gekrächztes: "Namasté" und ein tiefes Danke.

Dabei ist sie meine Freundin... wobei sich das gerade in mir verändert. Ich schaffe es nicht mehr so richtig mich in meiner flappsigen Art ihr zu nähern. Dieses "Jo hat gerade Bock auf... dich aufzuziehen, dich zu kitzeln, dir die Zunge raus zu strecken, dich zu ärgern, dich zu umarmen, mit dir kuscheln, gerade mal so richtig angepisst zu sein, dir zu sagen, das sie dich lieb hat und dich braucht!"

Dieses Kindliche in mir fängt gerade an Erwachsen zu werden. Ich weiß nicht ob ich mich ihr jemals wieder so zeigen kann, wie ich es anfangs tat. Manchmal kommt es noch rüber, wenn wir Facebook Bildchen austauschen, ein Herz das leuchtet und verbindet. Zwei Füchse die sich "give me five" geben. Ein kurzer Moment an dem sich zwei Freundinnen ihre Zuneigung zeigen. Er vergeht wieder, wenn ich Schülerin bin und sie Lehrerin.

Ich finde den Zustand im Wechsel der Gefühl (Projektion) nicht schlimm - ich nehme es wahr.

Ich nehme wahr das meine Weltbilder ins Wanken geraten. Ein großes Weltbild ist der Blick in meine Vergangenheit, ich fange gerade an meine Ursprungsfamilie mit anderen Augen zu betrachten. Anfangs hab ich sie für das was sie mit antaten gehasst. Irgendwann sah ich das was ich erlebt habe als Qualität für das was ich heute bin. Jetzt fang ich an Dankbar jedem einzelnen zu sein, für das was er ist und getan hat und immer noch tut. Denn dadurch hatte ich die Chance ein anderer Mensch zu werden. Ich konnte mich frei dagegen entscheiden.
Hätte mir Jemand vor einem Jahr gesagt, ich werde eines Tages meinem Vater dankbar sein, für das was er tat, (unter anderem auch das er mich missbraucht hat und mir fast das Leben genommen hat...hm), hätte ich einen Ausraster bekommen und der Jemand wäre im hohen Bogen aus meinem Leben geflogen. 
Dieses Erfahren kann man nicht an andere weiter geben, das würde niemand verstehen, vielleicht erst recht nicht jemand der ähnliches erlebt hat wie ich.
Oft bekam ich leidvolle Kommentare wenn ich Texte über Missbrauch schrieb und die Psychologische Täter und Opferprofile austauschte. Ich versuchte bewusst zu machen, das es nicht um Schuld geht. Aber so richtig konnte ich es nie begreiflich machen, worum es mir in meinem Text wirklich ging. Jetzt ist mir klar, das es keinen Sinn macht, über mein Erleben zu schreiben - nicht in dem Kontext - weil es eben nur mein Erleben ist. Die Erwartung ein anderer könnte es genauso verstehen wie ich, ist absolut unsinnig. Vorallem weil auch mein Erleben rein Subjekt ist und keinesfalls der Wahrheit anderer entsprechen muss - noch nicht mal meiner eigenen Wahrheit.

Es ist wie ein Karma-Karussell in meinem  Kopf das sich dreht und dreht. Ein Kreis, eine surreale Spirale, deren Anfang mit dem Ende verbunden ist. Der Ouroboros - Eine Schlange die sich in den eigenen Schwanz beißt. Vom Ich-Bewusstsein zum...? Ich weiß es nicht wohin es mich führt.
Vielleicht steck ich auch mitten in einer Regression und komme wieder neu zur Welt.

Ich lass mich überraschen....

Und halte euch auf dem Laufenden (sollte ich im Krabbelalter ankommen, ihr werdet es merken :) )

Euch allen alles liebe von eurer Andarnil 



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