Mantra Musik

Freitag, 23. Dezember 2016

Weihnachten 2016




Weihnachten

Während überall die Lichter funkeln und die Gänse, Truthähne, Kälber, Schweine und Rinder ihr Leben lassen müssen, denken wir darüber nach Weihnachten dieses Jahr ausfallen zu lassen.
Jeden Tag überlegen wir jetzt aufs neue, ob wir unseren Plastikbaum aufstellen und das Esszimmer schmücken und jeden Tag gibt es wichtigere Gedanken und Gefühle die Vorrang haben. Ich habe dieses Jahr noch nicht einmal begonnen Geschenke einzupacken. Es ist nicht die Stimmung die fehlt - die kam noch nie auf, ich konnte mich noch nie anstecken lassen von Facebook freudestrahlenden Gesichtern, Nikoläusen und Christkindern, Weihnachtsmusik in den Gängen der Lebensmittelläden, festlich geschmückten Schaufenstern und Straßenlaternen, verschickten Karten die Jahr für Jahr weniger wurden - meine Schuld, ich verschicke weder Karten noch sitz ich Stundenlang am Telefon, ich persönlich habe noch nie freiwillig Weihnachten gefeiert. Für mich ist dieses Fest genauso bedeutungslos wie Ostern, oder Silvester. Sogar meinen Geburtstag würde ich vergessen, wenn man mich nicht daran erinnert.

Ich habe den Rummel um Tannenbäume und Lametta nie so recht verstanden, wir bauen unsere weiße Plastiktanne auf und schmücken ein Zimmer, weil unsere Tochter das gerne wollte. Dieses Jahr ist sie genauso Feierfaul wie wir.

Überall funkelte ein Licht.
Diesmal ist es sehr dunkel bei uns.

Für mich war es nie ein Fest der Liebe, eher ein Fest der Triebe, getrieben von Kommerz und einem aufgezwungenen Beisammensein der Familie, die sich selten friedvoll begegnet. Wie oft hab ich von Freunden, Bekannten und Verwandten gehört das sich die Familie mal wieder zu Weihnachten zerstritten hatte, man sprach dann nicht miteinander und das Jahr ging mit einem Gefühl von Wut zu Ende.

Ich habe das Gefühl, Weihnachten versinnbildlicht alles was ich persönlich ablehne Konventionalität und Doppelmoral.

Der Frieden, das Wort das zwar in jeder Munde ist, aber selten bis zum Abend anhält, die Moral die an vielleicht einem Tag im Jahr sehr hoch gehalten wird und die restlichen Tagen vergessen wird.
Es gibt so wenig Menschen von denen ich sagen kann, sie leben zu Weihnachten genauso wie das ganze Jahr, ehrbare, moralische, ethische und gläubige Menschen, christliche Menschen für die Nächstenliebe nicht nur ein Wort ist, sondern eine Selbstverständlichkeit. Ich bin froh, dass ich eine Familie kenne... und hier freue ich mich sogar, das wir am 25 Dezember zusammen den Tag verbringen.

Moral, Ethik - Das vermisse ich übrigens auch von anderen Gläubigen. Auch im Buddhismus wird oft nur so getan als hätte man Mitgefühl, oft hab ich das Gefühl dieses Wort wird sehr gerne benutzt von uns Buddhisten, aber nur selten gebraucht. In der Meditation bestimmt es den Ablauf, den Anfang und das Ende, im Alltag geht man seiner Tätigkeit nach ohne zu überlegen, ob sich diese mit den Silas vereinbaren lässt. Den Übungsregeln die die geistige Nahrung eines Buddhisten sind.


Die wenigsten Buddhisten die ich kenne halten sich an die Sila. Gerade während der Feiertage wird Alkohol in Massen getrunken, werden Tiere verzehrt, es wird in jeder Religion gelogen und betrogen, egal ob man Christ, Buddhist, Moslem, Hindu oder Esoteriker ist.

Wir Menschen lassen uns treiben von Trieben. Und Feierlichkeiten sind dafür bekannt, das sie oft von Trieben gelenkt werden.

Wir vergessen es nur jedes Jahr aufs neue und verstecken uns hinter Lametta und Weihnachtskugeln. Und fast jedes Jahr ecke ich damit an, das ich die unschönen Dinge hervorkrame und sie den Menschen um die Ohren haue, ein Spiegelbild das man nur verzerrt wahr nehmen möchte, wenn überhaupt. Auch dieser Text wird Unmut auslösen und womöglich werden mich wieder ein paar Facebook Freunde aus ihrem Leben verbannen, weil sie sich ausgesprochen beleidigt fühlen. - persönlich ist es allemal... nur spreche ich von mir als Person, von meinen Gefühlen.

Ich entdecke jedes Jahr aufs neue wie sehr mich diese Welt in der ich lebe ankotzt. Ja ich gebe es offen zu, ich bin während der kalten Feiertage eher Melancholisch.
Wäre ich alleine würde ich diese Tage im Bett verbringen und mir wahrscheinlich die Seele aus dem Leib heulen und verheult aber entleert und erfrischt - losgelassen - das nächste Jahr beginnen, so aber bin ich nicht alleine.
Ich nehme mich also zusammen und versuche zumindest den Schein zu wahren, indem ich meiner Familie das Zepter überlasse.


"Lasst uns feiern, lasst uns Glücklich sein" - wenn ihr wollt. Dieses Jahr scheint niemand zu wollen.


Ich bin nicht glücklich und  nicht unglücklich und schon gar nicht in Feierstimmung. Ich bin zufrieden, in mir ist Ruhe. Aber spontan kann ich nicht so tun als sei ich mehr als das was ich bin. Um wirklich Glücklich zu sein braucht es bei mir mehr als nur einen Plastikbaum, und ein paar Lichter.
In mir ist ein großes offenes Loch, das erwartungsvoll vor sich hin brennt.
Ich warte auf den großen Knall, auf die offizielle Ankündigung das wir im Krieg sind.
Ich warte darauf das Frau Merkel von ihrem Thron herunter steigt und verkündet sie würde jetzt in den Bunker einziehen der schon seit Jahren für sie offen steht.
Ich warte darauf das die Mauern eingerissen werden, von den Menschenmassen die bereits davor stehen.
Ich warte darauf dass das passiert, was ich seit letztem Jahr wahrnehme, ein Gefühl von Zusammenbruch. Und ein Stück Hoffnung der Erneuerung... aber das ist Zukunftsmusik, bleiben wir in der Gegenwart.


Es ist schwer dieser Wahrnehmung zu vertrauen, wenn um einem herum so getan wird als sei alles in Ordnung.
Diese Welt ist nicht in Ordnung, daran werden auch die Kerzen nichts helfen, die gestern oder war es vorgestern an den Fenstern standen, als gedenken an Berlin.

Wir müssten mittlerweile alle Fenster der Häuser mit Kerzen bestücken, wenn wir an die Toten denken wollen, die gewaltsam umkamen, so viele Kerzen wird es in den Läden nicht geben und so viele Fenster wird kein Haus haben.

Ich hab auch hier bewusst gestreikt. Denn ich will nicht einem Facebook Aufruf folgen, der sich wiederholt der Solidarität bedient, nur die Kerzen und Bilder ändern sich, aber nicht das Echo.


"Sei nicht das Echo, sei die Stimme!" Manchmal braucht es mehr als eine Kerze am Fenster um bewusst zu machen, wie sehr ich dieses Land verachte. Ja, ich fühle mich nicht als Deutsche und ich bin nicht stolz auf etwas, das so vor die Hunde geht, wie Deutschland. Ich verachte diese Doppelmoral die auf der einen Seite sich mit einer mitfühlenden Religion schmückt und auf der anderen Seite immer tiefer in die rechte Scheiße rutscht in der wir schon einmal waren.

Ich will nicht an die Toten denken, an die Gefallenen eines Krieges der es noch nicht einmal für Nötig hält, als ein solcher betitelt zu werden. Die Medien meiden das Wort wie die Pest und doch fühlt es jeder, es ist Krieg und alle ignorieren es.


Ich will an die Lebenden und Liebenden denken, die noch vor den Toren ihres eigenen Todes stehen.
Die eine Chance haben.
Ich will an die Soldaten denken die unterwegs sind in die Kriegsgebiete. Ich will an die Kinder denken die um ihr Leben kämpfen, mit Waffen bestückt die unsere Regierung bereitwillig zur Verfügung stellte.

Ich will an die Mörder denken die hinter den Gardinen hocken und Kommandos geben und dann Abends im Lichterglanz ihrer Familien fröhlich mit Wein und Sekt anstoßen, während  das Lichtergewitter Menschen vernichtet. Diese Mörder haben viele Gesichter und sprechen alle Sprachen dieser Welt.

Ich möchte heute an all die denken die sich in Armeedecken hüllen, oder in Schlafsäcken, die keinen Platz mehr bekommen haben in den Obdachlosenheimen. Ich möchte an die Tiere denken die bereits unterwegs sind zum nächsten Schlachthof. Ich möchte an die Menschen denken die in den Gefängnissen sitzen, vor sich ein leeres Blatt Papier und die nicht wissen was sie schreiben sollen, grüße zu Weihnachten aus dem Knast? An wen?
Ich möchte an die Polizisten denken die schon seit Stunden auf der Wache sitzen und warten. Oder die die morgen Nachtschicht haben.

Ich will an all die Lebenden denken die die nächsten Tage damit beschäftigt sind, Menschenleben zu retten. All die Ärzte und Krankenschwester. Für sie wird es ein kurzes Weihnachten geben, vielleicht eine Kerze in der Kantine und ein Schluck O-Saft aus dem Pappbecher, während der nächste Patient schon wartet.

Ich möchte an die Flüchtlinge denken die vor den Toren stehen und warten und an die Menschen die während ihrer Flucht alles verloren haben und doch im Geiste reich sind, weil sie überlebt haben.

Ich möchte an die Kranken und Behinderten denken und an die Alten, ich möchte an die denken die sich Arm nennen und an die Menschen die wirklich Arm sind.
An alle Menschen dieser Welt die noch leben. Ich möchte Ihnen die Kerze in die Hand drücken, auf das sie hell erleuchten, so das alle gesehen werden.

Wenn schon eine Kerze, dann wenigstens so und nicht anders.

Wir gedenken viel zu oft der Toten und ignorieren die Lebenden.
Unsere Kultur ist eine Kultur die mehr in der Vergangenheit oder Zukunft lebt als in der Gegenwart.

Ich fühle mich wie ET der nach Hause telefonieren möchte.
Nachhause in eine Welt die friedvoller ist als diese, sie muss nicht viel tun, einfach nur miteinander sein, statt gegeneinander. Und wenn in dieser anderen Welt Weihnachten gefeiert wird, werde ich vielleicht endlich dazu gehören, zu den Feiernden.


Aber bis dahin bleibt meine Weihnachtstür geschlossen.


Wir sehen uns erst am 31 wieder...
Ich gedenke den Lebenden... und zünde eine Kerze für EUCH an... für jeden einzelnen


Alles liebe eure Jo Andarnil



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