Mantra Musik

Dienstag, 27. September 2016

Sarah Lesch "Testament"

Ein unglaublich gutes Lied!!
Man muss es mehrfach hören, am besten in Dauerschleife...

Ich möchte den Text gerne an Wände schreiben ...


Donnerstag, 22. September 2016

Warum ich keine Nachrichten mag (Zeitung, TV usw).

Jeder Zeitungsartikel der geschrieben wurde, handelt von Dingen die bereits passiert sind. Dinge die passiert sind, kann man nicht mehr ändern, sie sind bereits aus der Zeit erloschen. Sie existieren nur noch als Teilwahrheit der Erinnerung. Alles woran wir uns erinnern, ist rein Subjektiv Teil unserer Wahrnehmung. Aus dem Grund ist das was wir erfahren, immer auch ein Teil von dem der es geschrieben hat.

Die Objektivität die viele Menschen in Artikeln und Berichterstattungen suchen, gibt es in Wahrheit nicht. Das was als Objektivität bezeichnet wird, ist in Wahrheit ein Versuch einer neutralen Darstellung von dem was passiert ist. Da sich Gefühle jedoch nicht kontrollieren lassen, werden wir auch immer einen Gefühlsbereich des Berichterstatters mitbekommen. Und sobald wir Empfindungen wahr nehmen, ist das Gesagte bereits schon nicht mehr Neutral und somit auch nicht mehr Objektiv. Menschen lassen sich von dem was sie sehen manipulieren, wenn dann noch Gefühle dazu kommen, erleben wir die Nachricht als sei es gerade eben passiert. Wir fühlen mit, wir leiden mit, wir werden emotional zum Teil des Ganzen. Wir binden uns somit immer wieder an die Vergangenheit und an dem wie andere die Vergangenheit wahrnehmen.

Der Begriff Objektivität ist aus der philosophischen Erkenntnistheorie entsprungen und wird gerne genutzt um eine rein rationalen Darstellung eines Sachverhalts darzulegen, in Wahrheit jedoch ist jede Darlegung subjektiv. Der Begriff: Objektivität stamm aus der Lehre der Philosophie und wenn man sich diese Lehre genauer anschaut wird bewusst, dass die Objektivität eine reine Theorie ist, die bereits als gescheitert in die Philosophische Geschichte eingegangen ist.

Entstanden ist sie aus der Erkenntnis, dass Erfahrungen die vollkommen neu sind und dementsprechend keinerlei Vorerfahrung vorhanden ist Objektiv sind (Beispiel: Kind isst das erste mal eine Zitrone und sagt, sie sei Sauer. Sauer wird somit als Objektiv betrachtet). Mittlerweile hat sich der Begriff soweit in den Medien etabliert, dass er immer dann verwendet wird, wenn etwas einer gesellschaftlichen Norm entspricht ("die Zitrone ist Sauer" = gilt für alle Menschen, die eine Zitrone essen). So wird auch der Berichterstatter als Objektiv bezeichnet der seine Gefühle öffentlich zeigt wenn diese Gefühle für die Betrachter nachvollziehbar sind. Als Beispiel

Ich erlebe es gerade bei Facebook oft, dass sich Menschen an Dingen aus der Vergangenheit verlieren, sie diskutieren über die Ereignisse die schon lange zurück liegen, sie trauern um Menschen die bereits gestorben sind, sie leiden mit Tieren mit die gequält wurden und sie vergessen dabei die Gegenwart, die daraus besteht das sie am PC sitzen und Bilder aus der Vergangenheit ansehen und Gefühle ausleben die sie selbst nicht erlebt haben. 

Die Erklärung wird euch vielleicht überraschen, es liegt daran, dass es einfacher ist die Ausschüttung des Adrenalins zu verarbeiten, bei dem was in der Vergangenheit passiert ist, als die Verarbeitung im direkten Geschehen. Im direkten Geschehen sind wir an unterschiedliche Gefühle gebunden: Angst, Ekel, Wut, Trauer, Überraschung. Diese Gefühle sind meist sehr unangenehm. Adrenalin wird ausgeschüttet, unser Herz rast, wir sind oft nicht Imstande klar zu denken. Wir werden von dem was passiert überwältigt.

Oft brauchen wir eine Weile um uns wieder zu beruhigen, wenn wir dann zu einem späteren Zeitpunkt die Erinnerung an das Geschehene abrufen, erscheint es uns nicht mehr ganz so dramatisch. Nun können wir anders - rationaler - aus der Distanz - reagieren. Wir haben durch diese Erfahrung gelernt, das gegenwärtige Erlebnisse schlimmer beurteilt werden als Vergangene Erlebnisse (oder Erzählungen). Dieses Erlernte fügen wir nun in unseren Alltag ein. Durch z.b. das Internet und die Tageszeitungen, Fernsehnachrichten usw. können wir am Weltgeschehen teilnehmen und mitfühlen, ohne das Botenstoffe ausgeschüttet werden, die einem Schock gleich kommen. Und somit wird die Vergangenheit einfacher und leichter ertragen als die Gegenwart. Leider wird dadurch unser Gehirn auf Dauer lahm gelegt, es verlernt direkte Erlebnisse zu verarbeiten. Viele Menschen fangen an ihren Alltag zu verdrängen. Die vergangenen Erlebnisse anderer Menschen nehmen somit mehr Raum ein, als das eigene Leid - als das eigene Erleben. Je mehr wir am PC sitzen, desto weniger erleben wir die Dinge aus der direkten Beobachtung.

Je mehr wir uns in der Medienwelt bewegen, desto weniger nehmen wir Anteil an der Gegenwart. Wir erleben die Welt in einer Art Regression. Denn alles was wir von Außen durch die Medien wahrnehmen ist bereits passiert. Das was uns an Bildern begegnet existiert nicht mehr. Und doch binden wir uns daran, indem wir mitfühlen. So erleben wir Trauer, Leid, Glück und Wut für etwas, das nicht mehr existiert.

Als Beispiel: Ein Mensch starb 1950 bei einem Zugunglück. Jemand stand zufällig am Bahnhof und hat gesehen wie der Zug verunglückte. Er stand unter Schock, später erzählte er dann seiner Familie davon. Eine Enkelin des Beobachters findet irgendwann ein Tagebuch und schreibt einen Artikel darüber. 2016 liest zufällig ein Journalist diesen Artikel und denkt sich die Geschichte könnte man auch gut in die Gegenwart transportieren.
Er schreibt eine Storry über dieses Zugunglück und benutzt aber den Trick die Zeit zu verändern. Statt 1950 setzt er 2016 ein, ohne direkt auf das Zugunglück einzugehen, beschreibt er die Emotionen des Beobachters und setzt den Artikel ins Internet. Jemand liest es und empfindet Mitgefühl für den Beobachter. Er teilt es auf Facebook und schreibt noch einen sehr emotionalen Text dazu, vielleicht: "Meine Oma hat so etwas auch schon mal mitgemacht..." Seine Freunde lesen den Bericht und fühlen mit und schon entsteht eine Bindung zur Vergangenheit, statt zur Gegenwart. Die Emotionen werden mit dem Zugunglück verknüpft und sind jederzeit wieder abrufbar.

Der Artikel selbst wird als Objektiv betrachtet obwohl er weder der Wahrheit noch der Gegenwärtigen Situation entspricht. Er wird deshalb als Objektiv betrachtet weil die Gefühle aller Leser sich ähneln. Alle haben Mitgefühl. Wenn jetzt einer aus dieser Gruppe darauf aufmerksam macht, dass man ja gar nicht weiß wann das Zugunglück passiert ist, wird er als Subjektiv eingestuft und somit fällt er automatisch aus dieser Gruppe, auch wenn sein Einwand rational gesehen richtig ist. Objektivität ist also ein rein empfundenes Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Normalität. Subjektivität ist nichts anderes, als ein Abweichen der Normalität.

Ich habe gestern angefangen die Abonnements aus meiner Freundesliste zu löschen. Denn ich merke immer mehr, das mir dieses Eintauchen/Anbinden nicht gut tut. Bewusst wurde mir das, nachdem ein Facebook Freund ein Video teilte indem Kinder durch ein Auto verletzt oder sogar getötet wurden. Dieses Video wurde als "Aufklärung" bezeichnet, das man darauf aufmerksam machen wolle, kein Handy beim Autofahren zu benutzen. Ich habe nicht gewusst worum es sich handelt und den Anfang vom Video gesehen und alleine das hat mich total erschreckt. Das war dann der Moment an dem mir klar wurde, dass meine Gefühle sich anbinden, obwohl mir bewusst ist, dass es sich hier um ein bereits weit zurück liegendes Video handelt. Ich habe keinerlei Kontrolle über meine Gefühle, denn mein Gehirn kann nicht unterscheiden zwischen Fiktion und Realität.

Um in der Realität zu leben, müssen wir lernen, Fiktiven Dingen keinen Raum zu geben. Aus dem Grund mag ich keine Nachrichten, denn erstens sind diese Nachrichten immer gespickt mit Emotionen anderer und zweitens werden sie IMMER so dargestellt das sie Interesse wecken. Und drittens bestehen sie immer aus dem was in der Vergangenheit passiert ist. Direktnachrichten gibt es schon lange keine mehr, denn sie lassen sich nicht kontrolliert verteilen. In der Medienwelt wird gerne aus einer Mücke ein Elefant gemacht, damit die Einschaltquoten stimmen. Wir erfahren immer nur das was wir erfahren sollen und meistens ist der Wahrheitsgehalt gleich Null. 

In diesem Sinne "Glaubt den Schriften nicht, glaubt den Lehrern nicht, glaubt auch mir nicht. Glaubt nur das, was ihr selbst sorgfältig geprüft und als euch selbst und zum Wohle dienend anerkannt habt"
Buddha

Alles liebe eure Andarnil

Dienstag, 20. September 2016

Gedanken - Leid


Mein Leben ist seit langen nicht mehr im Gleichgewicht. Wie sollte es auch, alles ist im Aufruhr. Ich halb die letzten 30 Jahre nicht mehr so eine Zeit erlebt. Man kann es sich schön reden, indem man sich alle möglichen guten Zitate vor die Nase hält, indem man sich bewusst macht, was man alles in seinem Leben erreicht hat. Welche kraft und energie man besessen hat. Ja das war alles großartig. Ich habe so viel erlebt, das ich Bücherwände damit zieren könnte. 
Nur ist es jetzt so, das ich meine Ruhe will, ich will einfach in mir ruhen. - und das scheint nicht zu gehen. Weder meditieren, noch die buddhistische Lehre kann mir da helfen. Mir ist nicht zu helfen. Keiner und nichts kann das. Ich muss es einfach akzeptieren, das es keine Ruhe gibt in meinem Leben.

Die Vorstellung im Schaukelstuhl auf der Terrasse zu sitzen ist Sojaquark mit Kartoffeln, genauso schnell wie sie zubereitet sind, sind sie auch schon wieder gegessen. - Nichts hält ewig.

Letztes Jahr hatte ich die Möglichkeit einfach abzutauchen, mich des Erwachens weiterhin hingeben, ich habe diese Möglichkeit dankend abgelehnt, nachdem ich gemerkt habe, das mich mein Mitgefühl für alle Wesen auf dieser Welt nur von den Wesen dieser Welt trennt.
Mir wurde bewusst das wir alle die Wahl haben, entweder wir sind mitten im Leid aller oder wir sind außerhalb. Je weiter weg wir sind, desto unerreichbar sind wir für alle.

Ja wir können Guru spielen, jeder einzelne kann sich auf die Schulter hauen und sagen: Ich bin erwacht/erleuchtet usw. Und man kann Vorbild für andere sein. Aber man steht nicht mit ihnen, man steht auf ihnen - zumindest in der Sicht der anderen.
Auch Buddha hat diese Erfahrung gemacht, die eigene Erleuchtung kann dafür sorgen, das auch andere davon profitieren, aber die meisten fühlen sich neben einem Erleuchteten, als hätte man ihnen die Glühbirne geklaut. Man muss sich bewusst sein, das die eigene Erleuchtung nichts ist, worauf man Stolz sein sollte - denn Stolz verhindert Mitgefühl. Sobald man Solz fühlt ist da nichts mehr als Ego.

Ich hatte die Wahl, die habe ich immer noch - und immer wieder. Einmal das Tor geöffnet und es schließt sich nicht mehr. Ich kann mich entscheiden, mich wieder dem Gefühl hingeben. Ich kann mein Erwachen wieder aktivieren, oder mich dem Leid hingeben. Mich am eigenen Schmerz übergeben.
Ich entscheide mich jeden Tag für letzteres, für das Leiden-für das Leben.

So merkwürdig es klingt, so ist das Leid doch das was mich mit anderen verbindet. Das Mitfühlen entfacht das Leid der Welt - alles wird sichtbar. Durch mein Erwachen fühle ich mehr als je zuvor und mir begegnet auch mehr Leid als je zuvor. Ich kann nicht mehr einfach davon laufen, oder weg sehen. Es ist immer da um mich herum brennt die Erde.

Und je mehr ich versuche dem zu entgehen, desto mehr feuere ich den Brand an. Das ist mir jetzt bewusst.

Ich muss es hinnehmen, es akzeptieren. Ich kann es nicht ändern.
Niemand kann das....

Seit einigen Tagen träume ich wieder von abstürzenden Flugzeugen. Von brennenden Häusern und von schreienden Menschen.

Ich weiß was das bedeutet.... ich kann es nicht ändern... niemand kann das...

Namasté eure Andarnil

Freitag, 9. September 2016

Eltern-Kind Beziehung mal ganz anders ...

Shaya am Tag ihrer Geburt.


Man geht in Asien davon aus, das die Neugeborenen Babys noch nicht fertig entwickelt sind, wenn sie auf die Welt kommen. Und daher versucht man die Enge des Bauches auch nach der Geburt zu imitieren, die Babys werden gleich nach Geburt gepuckt. Tibety Baby Pucken bedeutet sie werden sehr eng in ein Tuch eingeschlagen. Ein fertig gepucktes Baby sieht aus wie ein kleines Paket
  . 
Eigentlich hätte ich es schon früher machen sollen - einen Anti-Erziehungsratgeber herausbringen, denn nach der Diskussion letztens, scheint das wirklich von Nöten zu sein.
Viele Eltern denken sie müssten besonders streng zu ihren Kindern sein und das fängt meistens schon kurz nach der Geburt an. "Kinder müssen schlafen lernen", "Kinder werden zu kleinen Tyrannen, wenn man sich dauernd mit ihnen beschäftigt", "Kinder müssen sich an Lebensstil der Eltern anpassen"... usw.

Kinder müssen... Kinder sollen... Kinder haben zu sein...

Ich erlebe es oft, dass Eltern total überfordert sind mit ihren Neugeborenen und wenn sich die Überforderung dann auf die Kinder überträgt ist ein stressfreies Miteinander kaum noch möglich.
Und wenn ich in einer solchen Situation vorsichtig frage: "Darf ich dir einen Tipp geben?" heißt es meistens: "Du, weißt du ich bekomme so viele Tipps, fang du nicht auch noch an!" Also halte ich die Klappe und lass Kind und Mutter weiter brüllen. Ich halte mich dann vollkommen raus.

Es hat außer unserer Kinderärztin noch nie jemand gefragt, wie wir das hinbekommen haben, dass Shaya so gut wie nie weinte. Als wir anfingen uns über Erziehung Gedanken zu machen, war unsere Tochter noch gar nicht da. Auch wir haben "normale" Bücher gekauft, Bücher über Erziehung, Bücher über die Entwicklungspsychologie des kleinen Menschen, Bücher über alles mögliche, rund um Schwangerschaft, Stillen, Ernährung usw.
Doch fast jedes Buch das wir lasen, landete kopfschüttelnd bei Ebay um es zu versteigern, oder im Müll. Ich hatte immer wieder das Gefühl - irgendwas läuft da falsch. Wir haben sogar einen Elternführerschein gemacht. Wir wollten das es ihr/ihm gut geht, dem kleinen Wesen in Brittas Bauch.
Irgendwann, ich glaube es war mein Geburtstag, bekam ich ein buddhistisches Buch geschenkt, indem die tibetische Kindererziehung beschrieben wurde.
Und das war das erste mal, das ich das Gefühl hatte ja, dieses Buch kann uns wirklich unterstützen.

In Tibet berühren die Kinder das erste mal den Boden wenn sie anfangen zu laufen. Davor werden sie die meiste Zeit von ihren Müttern in Tragetücher getragen, egal was die Mütter taten, sie hatten das Kind immer bei sich und zwar Tag und Nacht. 
Beim Pucken haben weder Arme noch Beine die Möglichkeit sich zu bewegen. Was für uns erst mal grausam klingt, ist beim näheren Hinschauen nur logisch.
Zuerst haben wir es auch nicht geglaubt. Ich dachte der schreibt Müll und so war Shaya die ersten drei Tage ohne Pucken sehr unruhig.
Wir konnten beobachten, wie sich ihre kleinen Arme und Beine wild bewegten, so wild das sie sich sogar selbst kratzte, aus dem Grund zogen die Schwestern im Krankenhaus ihr kleine Handschuhe an. Und trotzdem bewegten sich die Ärmchen und Beinchen und je wilder sie sich bewegte desto weinerlich wurde sie. Ich beobachtete dieses umherschwenken der Arme und Beine und wenn ich meine Hand gegen diese kleinen Arme drückte, wurde unser Kind ruhiger. Es war als brauchte sie die Begrenzung die sie im Mutterleib hatte,  auch außerhalb des Mutterleibes. Und so kam es, dass ich am ersten Tag nach dem Krankenhaus zuhause puckte. Die ersten Male mussten wir uns überwinden, die kleinen Ärmchen festzuhalten und die Decke darüber zu legen, stramm anzuziehen um das andere Ende der Decke darüber zu legen und festzustecken, es war gar nicht so einfach. Und die ersten Versuche gingen auch echt in die Hose, das Tuch war viel zu locker und unser Kind brüllte los. Die ersten zwei Tage waren am schwierigsten bis wir endlich herausgefunden hatten, wie man das Tuch am besten einschlug. Im Buch wurde beschrieben, dass die Frauen in den ersten Wochen nach der Geburt tanzten wenn die Babys weinte. Sie bewegten sich heftig vor und zurück und summten dabei den Oberton. Sie zischten wie eine Schlange oder taten so als würde ein heftiger Wind wehen, indem sie die Luft herausstießen und wieder laut einsogen.
Überhaupt ging es alles andere als Leise zu. Es wurde gezischt, geschunkelt, getanzt, geOMt und gesungen.

Aber am interessantesten erschien mir die Tatsache das die Babys durchschliefen. Tibeter kennen keine unausgeschlafenen Nächte, keine Schreizeiten. Beim lesen des Buches hatte ich das Gefühl die Frauen sind total relaxt.
Und das erschien mir damals so gut wie unmöglich.

Ich muss dazu sagen, wir mussten uns zwingen egal wo wir waren laut zu zischen oder zu OMen, einfach mal im Supermarkt zu tanzen, wenn Shaya unruhig wurde. Aber wir zogen das durch. Am Anfang hatten wir Hemmungen, Es war nicht einfach die Blicke anderer Menschen zu ignorieren. Aber wir vertrauten auf auf die Intuition und gaben uns dem Muttersein hin.

Die ersten 5 Wochen waren anstrengend, in dieser Zeit haben wir uns fast nur tanzend bewegt. Manchmal waren wir heiser weil wir die komplette Zeit über OMten, oder sangen. Es war die Zeit der Umstellung. Shaya brauchte Zeit um sich an dieses Leben ohne Bauch zu gewöhnen. Wir hatten weder Stillzeiten noch Schlafzeiten, wir haben uns ganz auf unser Kind eingestellt.  Wenn sie einschlief schliefen wir auch, wenn sie Hunger hatte, wurde sie von Britta gestillt, während ich uns eine schnelle Mahlzeit zubereitete. Wenn sie unruhig wurde, fingen wir an zu tanzen und zu singen. 
Unser Leben war vollkommen Shaya. Etwas anderes existierte nicht. Wir gingen nur ganz kurz einkaufen, je weniger Eindrucke von Außen desto besser ging es ihr. Wir puckten sie und trugen sie abwechselnd in einem Tuch, so dass sie nie alleine war. Wir waren beide die komplette Zeit über bei ihr, in ihrer Nähe. Ich weiß noch am Ende der 5 Woche waren wir beide fix und fertig. Total erschöpft und so bekamen wir uns wegen einer Kleinigkeit in die Haare. Wir stritten uns das erste mal und dann lagen wir uns weinend in den Armen.
Und während wir da auf dem Bett lagen mit unserer kleinen Maus in der Mitte, schlief sie einfach ein. Ohne das wir etwas machen mussten.
Wir haben in dieser Nacht das erste Mal durchgeschlafen. Ich weiß noch irgendwann wachte ich auf und war total panisch, weil ich unser Kind nicht hörte. Ich berührte sie aber sie schlief weiter, also bewegte ich sie etwas fester. Ich hatte so unglaubliche Angst vor dem plötzlichen Kindstot. Shaya wachte auf und sah mich mit ihren großen Augen an und dann fing sie an zu weinen.
Es war unglaublich, während Britta sie stillte, sahen wir uns nur an. Wir wussten an diesem Morgen, Shaya hatte die Umstellung in diese Welt geschafft.

Ich weiß noch, Shaya war vielleicht 2 oder 3 Monate alt, da waren wir bei Brittas Eltern und während wir am Tisch saßen schunkelte ich unser Baby wild auf meinem Arm und zischte immer mal wieder zwischen dem Gespräch. Meine Schwiegereltern sahen mich an als wäre ich nicht ganz dicht. Sie runzelten die Stirn und meinten, dem Kind würde bei dem Geschunkel ja schlecht werden, ob ich nicht mal damit aufhören kann. Aber ich lächelte nur und sagte: "Shaya möchte das!" Damals war ich mit dieser ganzen Situation eins mit uns. Ich glaube es lag auch daran, das Britta und ich ein Team waren, diese Liebe zu unserem Kind, hat uns noch enger zusammengeschweißt. Uns war egal was andere Menschen über unser Schunkeln und Zischen und OMen dachten. Wir taten es, weil wir davon überzeugt waren das Richtige zu tun. Und Shaya zeigte uns jeden Tag aufs Neue, das es richtig war.
Ab der sechsten Woche schlief sie 6 Stunden am Stück durch. Sie hatte sich dem Tag und Nacht Rhythmus angepasst. Britta stillte sie wann immer Shaya nach der Brust verlangte und dadurch das wir auf jede Mimik und Gestik unseres Kindes achteten wussten wir oft schon bevor sie weinte, was sie brauchte.
Wir besorgten uns bereits vor der Geburt ein Anstellbett, da unser Bett nur 1,40m groß war, hatten wir Angst unser Kind zu erdrücken. Das Bettchen war auf meiner Seite und so konnte ich sie Nachts berühren wenn sie unruhig wurde. Meine Hand lag die komplette Nacht über neben ihrem Bauch und ich fühlte bereits bevor sie sich bewegte, dass sie unruhig wurde, also schunkelte ich sie in den Schlaf.

Diese Zeit der Nähe und Geborgenheit war für uns alle unglaublich schön. Und zwischen mir und Shaya entwickelte sich eine Art Gedankenverständigung die bis heute anhält. Ich weiß genau wie Shaya sich fühlt, wie es ihr geht. Und auch heute noch nehm ich sie in den Arm wenn es ihr nicht gut geht und schunkel sie und dabei OMen wir, oder zischen leise. Diese Laute sind nach wie vor beruhigend für sie. Ich merke dann wie sich mein Kind entspannt und wie die Trauer oder der Schmerz vergeht. Wir haben auf den Zeitpunkt gewartet an dem sie selbst in ihr Bett wollte. Das waren die Momente an denen sie nicht mehr gepuckt werden wollte, die Momente an denen sie sich von sich aus wegdrehte, wenn meine Hand zu nah an ihrem Körper lag. Sie zog etwas im Alter von 1 Jahr in ihr eigenes Bett und im Alter von etwa 2 Jahren war es überhaupt kein Problem, dass sie alleine in ihrem Zimmer lag und dort die Nacht durchschlief.
Wir hatten nie eine Durchschlaf, Einschlafregel. Erst kurz vor der Einschulung baten wir Shaya früher ins Bett zu gehen, weil sie morgens auch früher aufstehen musste. Auch das war überhaupt kein Problem. Am Wochenende geht sie oft zwischen 21 und 22 Uhr schlafen und während der Woche wird es meist so 21 Uhr, dann sagt ihr Körper ihr, das sie müde wird. Shaya hat gelernt auf ihren Körper zu hören. Auch was das Essen betrifft reagiert sie nach ihren Bedürfnissen und so gibt es auch bei uns keine festen Essenszeiten, noch pochen wir darauf das der Teller lehr gegessen wird.
Sie isst exakt so viel wie sie Essen mag, nicht mehr und nicht weniger.

Wir haben zum Beispiel auch keinen Schnuller gegeben, anfangs haben unsere kleinen Finger ausgereicht, vorallem während des Zahnens und danach hat Shaya ihren Daumen zur Selbstberuhigung genommen.
Auch heute noch gibt es kein festes Bettritual, das heißt wenn Shaya krank ist und Kummer hat, dann schläft sie auch heute noch bei uns. Wenn sie Albträume hat, kommt sie zu uns.
Wir haben ihr immer die Wahl gelassen.

Britta hat gestillt.
Shaya hat Babyflaschen abgelehnt. Nachdem Britta wieder arbeiten ging, habe ich die abgepumpte Muttermilch mit glutenfreien Brei gemischt und mit dem Löffel gefüttert. Später habe ich dann die Muttermilch in Becher gefüllt. Shaya hat nie süsse Tees, oder Säfte zu trinken bekommen,   und als sie anfing am Tisch mit zu essen, bekam sie das gleiche Getränk wie wir - Wasser. 
Shaya trinkt auch heute noch am liebsten stilles Wasser, am zweitliebsten Tee und hin und wieder Orangensaft, oder Apfelsaft.
Nur haben wir damit erst sehr spät angefangen, während der Kindergartenzeit.
Süssigkeiten gabs natürlich auch bei uns, allerdings isst Shaya nur eine Süssigkeit am Liebsten Oreokekse.

Shaya ist Vegetarisch aufgewachsen, Kuhmilch hat sie das erste Mal im Kindergarten getrunken, bei uns gab es keine Milch.
Die ersten Nahrungen waren sehr einseitig: Karottenbrei, Pastinakenbrei selbstgemacht.
Nach ein paar Wochen habe ich dann Kartoffelbrei gemischt mit Pastinake, Karotte oder Kürbis.
Als sie etwa 2 Jahre alt wurde, hat sie das gegessen was wir auch gegessen haben.
Ihr Lieblingsobst sind Äpfel. Die bekam sie als erstes Obst und daran hat sich auch nichts geändert.
Zweitlieblingsobst Erdbeeren. Da Britta mit Allergien auf Obst reagiert, waren wir sehr vorsichtig. Wir haben erst ganz spät mit dem Zufüttern von unterschiedlichen Obstsorten angefangen. Zuerst Apfel, Banane, dann auch anderes Obst: Trauben, Mandarinen, Wassermelone usw. und zuletzt Erdbeere. Eine Allergie hat sie nie entwickelt.
Shaya hat noch nie Fleisch gegessen, das kennt sie nicht.
Shaya hat im Alter von 4 Monaten das erste Wort gesprochen, Haare. Damals hatte ich noch Haare und sie griff morgens beim Wickeln mit ihren beiden Händen in meine Locken und sagte sehr deutlich "Haare".

Ich war total von den Socken und konnte das erst nicht fassen. Und als ich später Britta davon erzählt glaubte sie mir erst nicht. Aber dann hörte sie es selbst: "Haare".
Das zweite Wort war: Mami. Alles war für sie anfangs Mami. Wir beide waren Mami, die Katzen waren Mami, andere Menschen waren Mami :D

Das dritte Wort war Mann, das vierte Katze. Das fünfte Mama, das sechste Papa.
Im Alter von etwa 1 Jahr konnte sie sich bereits mit einfachen Worten verständigen. Für uns war das unglaublich erleichternd, denn jetzt erfuhren wir endlich aus ihrem Mund wie es ihr erging.

Ich weiß noch das ich Shaya bereits im Bauch von Britta zuhörte. Wir fingen da schon an zu kommunizieren. Meine Hand lag immer auf Brittas Bauch wenn sie schlief. Ich hörte ihrem Atem zu während ich die zarten Bewegungen unseres Kindes spürte.
Auch wenn es Britta die komplette Schwangerschaft schlecht ging, denn sie litt unter Schwangerschaftserbrechen, hatte ich das Gefühl Teil von allem zu sein und dieses Gefühl hat sich nie verändert.

Unsere dreier Beziehung zu einander ist sehr eng und sehr liebevoll. Shaya wächst nicht mit Verboten oder festen Regeln auf. Natürlich gibt es Dinge die gemacht werden müssen, aber bei all dem steht die Flexibilität an erster Stelle. Nichts ist ein absolutes Muss, alles darf von ihr hinterfragt werden. Und das wird es auch. Nachdem sie anfing zu sprechen, stellte Shaya fragen über die Welt. Sie war fasziniert von Tieren und anderen Menschen. Aber sie verstand nicht, warum tote Fische im Ladenfenster liegen. Sie fragte mich: "Warum sind die Fische tot" und ich erinnere mich noch, wie ich antwortete: "Weil es Menschen gibt die sie essen, deshalb sind sie tot."
Shaya verstand nicht warum Menschen Fische essen, sie fand Fische toll und sie mochte es Fische im Aquarium im Tierfachläden zu beobachten. Also erzählte ich von den Meeren und Ozeanen. Wir kauften ein Buch das zeigte wie Fische wirklich leben.
Und da saß meine kleine Tochter und weinte um die Fische in den Aquarien und um die toten Fische in den Fenster der Verkaufstresen.
Als Shaya fast 4 Jahre alt war, starb unsere Katze Mummel. Sie war sehr krank und wir mussten sie einschläfern lassen. Damals dachte ich noch, ich könnte unserem Kind etwas abnehmen, schmerz, leid.
Wir baten unsere Freunde in der Zeit auf Shaya aufzupassen, während unsere Tierärztin unsere Mummel in den ewigen Schlaf versetzte. Aber Shaya schrie wie wahnsinnig, sie wehrte sich und brüllte sich die Seele aus dem Leib. Also ließen wir zu, das sie dabei sein durfte, während Mummel starb.
Shayas Reaktionen haben mich oft irritiert und überrascht, aber diesen Tag werde ich nie vergessen. Sie saß während der Untersuchung und während unsere Tierärztin die Spritzen gab neben Mummel und streichelte ganz sanft ihr Fell und dann fing Shaya an zu summen, ganz leise. Dabei bewegte sie ihren Körper vor und zurück. Ich musste so sehr weinen das ich mich mit bewegte und so bewegte sich das ganze Bett während Mummel starb.
Als es vorbei war nahm mein kleines Mädchen mich zärtlich in den Arm und sagte: "Jetzt musst du nicht mehr weinen Mami, Mummis Seele ist jetzt im Himmel und schaut auf uns herunter!"
Unsere Tierärztin war über die Reaktion von Shaya geschockt das auch sie anfing zu weinen. An dem Tag weinten wir Erwachsenen während uns unsere Tochter mit einem lächeln tröstete.

Obwohl das mittlerweile 5 Jahre her ist, kann sich Shaya noch an Mummel erinnern, es war das erste Tier das starb. Danach gab es viele Tiere. Shaya malte oft ein Bild und gab es mit in das Grab. Der Tod eines Tieres ist nichts das sie erschreckt. Für sie ist es der Lauf der Dinge. Alles kommt und alles vergeht.

Shaya stellte viele Fragen, über eigentlich alles. Warum ist das so wie es ist?
Ihre erste Frage nach dem Fischerlebnis war: "Warum essen Menschen Fleisch und warum essen wir kein Fleisch?"

Diese Frage nahmen wir zum Anlass ihr anhand von Bildern und Kindgerechten! Videos zu zeigen wie Tiere gehalten werden. Sie verstand sehr schnell warum wir kein Fleisch essen. Denn sie sagte: "Tiere wollen genauso leben wie wir, deshalb essen wir kein Fleisch!" das war für sie nur logisch. Aber sie verstand nicht warum wir dann irgendwann anfingen keinen Käse mehr zu essen.
Ich muss dazu sagen, mit WIR sind Britta und ich gemeint. Wir überließen es unserer Tochter zu entscheiden ob sie weiterhin Vegetarierin blieb oder wie wir Vegan leben wollte. Und diese Entscheidung ist letztendlich noch nicht abgeschlossen.
Shaya trinkt keine Milch, aber sie isst auch gerne mal ein Eis, oder mal Käse bei Oma oder Freunden.
Für sie ist das Leben der Tiere stark abhängig von dem wie Menschen mit ihnen umgehen. Hier merkt sie, das Kühe doch ganz anders leben können als zum Beispiel in Hessen. Viele Kühe sind auf der Weide, oft sieht man sie sogar mit ihren Kälbern.
Daher ist eine Vegetarische Ernährung für sie gleichwertig mit einer Veganen Ernährung.
Wie lassen sie diese Entscheidung selbst finden, genau wie wir sie entscheiden lassen, ob sie irgendwann Fleisch isst, oder eine andere Religion als den Buddhismus für sich findet. Es ist ihre Entscheidung. Und die akzeptieren wir.

Überhaupt kann Shaya viele Dinge entscheiden. Da es keine Verbote gibt, reden wir viel über das was sich unser Kind wünscht, da sie Taschengeld erhält kann sie sich viele ihrer kleinen Wünsche selbst erfüllen und die großen, die besprechen wir. Sie weiß das wir nicht so viel Geld zur Verfügung haben und es gab oft Situationen da wollte sie für uns einkaufen, sei es nun Katzenfutter oder Nahrung. Shaya hat gelernt zu teilen. Sie kauft oft von ihrem Taschengeld Hundeleckerlies weil sie der Meinung ist Blue bräuchte hin und wieder eine Belohnung. Ich lass sie, es ist ihr Geld.
Unsere Art von Miteinander kann ich nicht Erziehen nennen, es ist eine Beziehung die durch Achtsamkeit und gegenseitigem Respekt geprägt ist. Ich erziehe nicht, ich begleite.

Es gibt in unserer Beziehung keine Verbote (ausgenommen solche die sie gefährden), sondern Absprachen, wir diskutieren über Dinge die ihr nicht gefallen. Es gab nie einen Tag an dem wir sie haben weinen lassen. Wenn sie etwas auf dem Herzen hat, so kann sie immer zu uns kommen, dafür sind wir da.
Uns gab es die ersten Jahre nur im Dreierpack, egal wo ich war, Shaya war dabei. Wir haben erst mit dem Kindergarten angefangen Shaya auch mal bei anderen Menschen zu lassen.
Diese Zeit des Abnabelns tat uns allen dreien weh. Es war nicht einfach sie gehen zu lassen, aber es war notwendig. Denn Shaya ist ein Einzelkind, sie hatte keinen Kontakt zu anderen Kindern, weil ich keinen Kontakt zu anderen Müttern hatte.
Wir lebten sehr für uns. Wir drei und ein paar Freunde. Am Anfang dachte ich noch, ich müsste Shaya mit anderen Kindern zusammen bringen. So war ich wie fast jeder Mutter mit ihr in Krabbelgruppen. Aber das ging nach hinten los, unser Kind wollte nicht mit anderen Kindern spielen. Sie zeigte nicht das typische neugiere Verhalten anderer Kinder. Sie wollte nur uns.
Also akzeptierten wir ihre Entscheidung.
Mit Eintritt des Kindergarten veränderte sich ihr Verhalten nicht sonderlich. Sie ging nicht gerne in den Kindergarten. Die Kinder waren ihr zu laut und zu wild.
Raufereien lehnte sie ab. Sie war sehr friedlich und sehr sanftmütig.
Es gab sowas nicht wie Trotzphasen, auf den Boden werfen oder lautes Geschrei. Soetwas kannten wir nicht. Shaya war von sich aus ein sehr leises nachdenkliches Kind. Mit etwa 1,5 Jahren kam Emolie in unser Leben. Shayas "imaginäre" Freundin. Emolie gehörte ab da mit zu unserem Alltag, sie aß mit uns am Tisch, Shaya sprach mit ihr, sie spielte mit ihr. Emolie stellte Fragen die Shaya dann an uns weiter reichte.

Als Shaya etwa 5 Jahre alt war, verschwand Emolie. Shaya erklärte uns: "Emolie ist nachhause gegangen und kommt nicht mehr!"
Damit war das Thema beendet. Wir haben am Anfang immer mal wieder nach ihr gefragt wie es ihr geht, jetzt da Emolie nicht mehr da ist, aber Shaya hat immer nur gelächelt und gesagt es geht ihr gut. Heute kann sie sich nicht mehr an Emolie erinnern, obwohl sie einen so intensiven Anteil an ihrem Leben nahm.
Ich erinnere mich gerne an die Zeit mit Emolie zurück. Sie gehörte einfach mit zu unserer Familie, fast wie ein unsichtbares Kind begleitete sie unsere Tochter bis sie in den Kindergarten kam.

Shaya hatte anfangs Probleme sich im Kindergarten zurecht zu finden. Es gab auf einmal Verbote, Regeln, laute Kinder, wütende Kinder. Kinder die etwas taten das anderen Kindern schmerzen bereitete.
Shaya verstand nicht warum Kinder anderen Kindern weh tun.
Und so sprachen wir oft darüber das jedes Kind anders ist. Wir sprachen über Individualität. Und das verstand Shaya. Jedes Kind ist anders, kein Kind ist gleich. Jeder Erwachsene ist anders, kein Erwachsener ist gleich.
Shaya hat noch nie irgendjemanden weh getan, das kennt sie nicht. Für sie ist Schmerz etwas so unangenehmes, dass sie gar nicht auf die Idee kommt anderen Schmerz zuzubereiten.
Und sie versteht auch nicht, warum andere Kinder so lange weinen müssen, bis Erwachsene reagieren.
Wenn sie weint sind wir da und zwar immer. Wenn sie Probleme hat, dann sind wir da und versuchen das Problem zu lösen. Und wenn wir es nicht lösen können, dann versuchen wir Kompromisse oder Alternativen zu finden.
Während der Kindergartenzeit wurde mir klar, das die Schulzeit nicht einfach wird. Shaya will sich nicht anpassen. Im Kindergarten ging es die komplette Zeit über darum das sie sich anzupassen hat. Am Anfang wählten wir den Waldorfkindergarten, darin fühlte sich Shaya geborgen. Sie wurde als Individuum geachtet. Nur leider schloss der Waldorfkindergarten, also wählte wir als Alternative, den Waldkindergarten. Auch hier ging es ihr - bis auf die Anpassungsschwierigkeiten gut. Dann kauften wir unser Haus und zogen um, es gab weder einen Waldorfkindergarten in unserer Nähe, noch einen Waldkindergarten. Also entschieden wir uns schweren Herzens für einen Dorfkindergarten, in der Hoffnung, dass sie dort Freunde findet die dann auch mit ihr in die Schule gehen.

Dieser Kindergarten war aus heutiger Sicht ein Fehler, denn Shaya fühlte sich absolut nicht wohl, sie entwickelte psychosomatische Probleme, wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen.
Ich lies sie oft zuhause, weil es ihr nicht gut ging. Erst nachdem die Leiterin wechselte blühte unser Kind etwas auf, wir erfuhren im Nachhinein, das die alte Leitung oft streng zu den Kindern war. Einige Kinder mussten in der Ecke sitzen, wenn sie andere Kinder hauten. Für Shaya war das unbegreiflich, die Kinder taten ihr leid. Sie selbst kam nie in diese Situation, sonst hätten wir eingegriffen.

Was ich nicht verstand war, dass die Eltern diese Art von "Erziehung" zu ließen. Ich sprach oft mit den Kindergarteneltern und alle fanden den Kindergarten toll. Das war die Zeit in der ich sehr unsicher war. Ich hinterfragte unseren Stil des Miteinanders. Shaya war anders als andere Kinder. Sie war empathischer und ruhiger. Sie konnte sich gut auch selbst beschäftigen und sie liebte es Hörbücher zu hören. Wutanfälle gab es nicht und auch später mit dem Eintreten in die Schule wurde sie zwar mal Sauer, aber nie so, dass sie brüllte. Sie sagte: "Ich finde euch ungerecht und gemein" oder: "Ihr seid gerade richtig ätzend!"
Oder: "Ich fühle mich gerade scheiße!" Das ist ihre Art uns zu zeigen, dass sie mit dem was wir tun nicht einverstanden ist. Das ist auch unsere Art zeigen, dass wir mit irgendwas nicht einverstanden sind.
In unserer Familie darf man wütend sein, sie dürfte auch schreien, sogar Türen zuwerfen. Sie darf das, weil sie es fühlt. Und das was sie fühlt nehmen wir sehr ernst.
Sie geht im Grunde genommen mit Wut genauso um wie wir, ich brülle mal Scheiße, ich weine auch mal. Aber ich atme danach durch und die Welt dreht sich weiter.

Ich begriff bereits kurz nach der Geburt, das unser Kind unsere Art mit der Welt umzugehen spiegelt. Das was wir tun, ist für sie richtig, das was wir nicht tun, ist für sie falsch. In der Schule kam das besonders zum Vorschein. Wenn Shaya mit etwas nicht klar kommt, dann äussert sie das sehr direkt.
Während sie im Kindergarten noch die Alternative hatte, hin und wieder zuhause bleiben zu dürfen, war das in der Schule anders.
Es galt die Schulpflicht.

Für so sensible und behütete und dennoch freiheitsbewusste Kinder wie Shaya kann eine Regelschule zum Problem werden. Und sie wurde zum Problem. Shaya liebt die Natur, sie liebt es Vorgänge innerhalb der Natur zu beobachten. Sie mag Magnete, sie mag Energien, sie liebt Erde unter ihren Fingern. Sie mag Blumen und Gräser und Tiere. Sie findet es spannend wenn wir ihr ihre Fragen beantworten. Sie mag es, wenn wir gemeinsam im Internet auf die Suche gehen und uns über alle möglichen Dinge informieren. So hat sie bereits erste Erfahrungen in Physik, Chemie, Biologie, Astronomie und Sozialkunde machen können, bevor sie überhaupt in die Schule kam. Weil das alles Dinge sind die mich auch interessieren. Sie findet das Universum spannend. Und sie liebt es die Sterne zu beobachten.
Die Schule fand sie von Anfang an langweilig und das überforderte sie enorm. Sie saß manchmal stundenlang an Hausaufgaben, die für sie nicht verständlich waren.
Ihr Kopf war woanders. Auch entwickelte sie eine komplett andere Art des Schreibens, sie verzierte ihre Buchstaben mit Klingeln und kleinen Symbolen, als die Schule dann mit der einfachen Ausgangsschrift anfing, fing Shaya an Probleme beim Schreiben zu entwickeln.
Sie entwickelte nach Prüfung der Schule eine Legasthenie.

Es gab Momente da geriet ich mit Britta in Streit, denn ich merkte einfach, dass diese Art der Schule unser Kind auffrisst, Britta dachte bis zu diesem Zeitpunkt ich übertreibe. In der zweiten Klasse hatte Shaya fast nur noch Bauchschmerzen und weinte jeden Morgen. Ich hasste es, sie zur Schule zu schicken. Wie gerne hätte ich sie einfach zu Hause gelassen. Aber wir sind Regenbogeneltern, wenn wir nicht nach einem System handeln, werden wir eher beäugt als andere Eltern und dann schadet es nur unserem Kind. Also nahm ich mich zusammen. Aber ich litt mit meiner Tochter.

Dann wurde Britta pensioniert, es kam wie aus dem heiteren Himmel. Sie hatte vor Jahren einen Dienstunfall und ihr Bein wurde dreimal operiert. Sie behielt eine Behinderung zurück und da man sie nicht so einfach kündigen konnte, pensionierte man sie.
Dadurch das sie zuhause war bekam auch sie die Veränderung unserer Tochter mit, dieses Leid morgens bevor sie zur Schule musste.
Durch die Pensionierung veränderte sich unser Leben.

Uns war beiden klar, dass es so nicht weiter gehen konnte. Wir zogen nach Norddeutschland und somit hatte Shaya die Chance auf eine neue Schule. Shaya brauchte etwas anderes als diese "normale" Regelschule, sie brauchte auf der einen Seite mehr Input und auf der anderen Seite musste der Hausaufgaben und Notendruck genommen werden. Also entschieden wir uns für eine Waldorfschule.
Shaya geht seit 2 Monaten auf die Waldorfschule und ich wir sehen eine große Veränderung in ihr, kein Leid mehr morgens nach dem Aufstehen, sie ist gelöster, freier, gelassener und freut sich auf den Unterricht. Sie erzählt uns was in der Schule passiert und trifft sich auch hin und wieder mit ihren Freunden. Sie ist immer noch gerne für sich, aber sie geht mehr aus sich heraus, sie hat hier Hobbys angefangen, sie hat angefangen Gitarre zu lernen.
Ich merke wie mein Kind wieder auftaut, wieder fröhlich ist und das macht mich Glücklich.

Shaya ist anders als andere Kinder und ich glaube mittlerweile das es daran liegt, das sie bereits als Baby anders gesehen wurde. Wir haben von Anfang an, Erziehung abgelehnt. Und ich bin immer noch der Meinung, man muss Kinder nicht erziehen, alles was sie brauchen ist einen liebevolle Begleitung und ein gutes Vorbild.
Durch ihre Introvertiertheit und ihre Empathie ist Shaya sehr empfindsam und empfänglich für die Bedürfnisse anderer Lebewesen. Schon im Kindergarten hat Shaya mit Kindern gespielt die kleiner und zarter waren. Gerade mit Behinderungen kommt sie wundervoll zurecht, sie ist sehr achtsam und geht jedem Streit aus dem Weg.
In der neuen Schule hat sie sofort Freundschaft mit einem Mädchen geschlossen das auf einem Auge blind ist. Shaya wertet nicht. Für sie zählt nur der innere Kern, nicht das äussere Gewandt.

Als Shaya noch nicht geboren war, habe ich mir oft gewünscht einen kleinen Wildfang zu bekommen, eines dieser Kinder die auf Bäume klettern und dabei laut brüllen.
Stattdessen bin ich Mutter meines eigenen Ebenbildes. Wenn ich Shaya ansehe, sehe ich mich selbst wie ich gewesen wäre, hätte ich eine Mutter gehabt wie ich es bin.
Auf der einen Seite macht es mich Glücklich, auf der anderen Seite hätte ich mir gewünscht dass sie es leichter hat, diese Sensibilität kann Trauer anziehen.

Aber ich glaube, das dieses Kind zu uns gekommen ist, weil wir so sind wie wir sind.
Und ich bin davon überzeugt, dass sie uns genau gezeigt hat was wir tun müssen, damit sie Glücklich wird.
Und das sie Glücklich ist, das zeigt sie uns jeden Tag. Ich höre ihr Singen, ich höre sie lachen. Fast jeden Tag erzählt sie uns über die Dinge in ihrem Leben, die kleinen und großen Wunder die ihr begegnen.

Noch heute bin ich froh über dieses kleine buddhistische Buch das uns geschenkt wurde, so konnten wir fern von gesellschaftlichen Systemen unser Kind schützend aufnehmen. Wir haben gelernt auf ihr Wesen einzugehen und wir haben uns ihr angepasst und nicht umgekehrt.

Ein Kind zu bekommen in dieser Welt bedeutet für viele Menschen Verzicht. Verzicht auf Bequemlichkeit. Viele Eltern erwarten das sich der kleine Mensch anpasst, damit sich ihr altes Leben nicht verändert. Unsere Gesellschaft tut ihr übriges dazu, so haben heute Eltern die Möglichkeit ihr Kind gleich nach der Geburt im Hort unterzubringen, danach kommt es in den Ganztageskindergarten und danach in die Schule. Es gibt Eltern die verbringen am Tag nur maximal 2 bis 3 Stunden mit ihrem Kind. Die Erziehung findet dann in diesen wenigen Stunden statt in Form von Regeln.
Heutige Kinder lernen sich anzupassen, auf das angepasste Erwachsene aus ihnen werden.
Gesellschaftlicher Druck fordert seinen Preis.

Wir wissen alle das Druck nur Druck erzeugt. Die Psyche eines Menschen leidet darunter enorm. Aber die meisten Menschen befinden sich in einem Hamsterrad indem kaum ein Ausweg zu sehen ist.

Bevor wir unsere Tochter bekamen, hab ich einen Eid abgelegt. Ich habe geschworen alles zu tun, damit ich eine gute Mutter werde.
Damals dachte ich noch eine gute Mutter ist man, wenn man sich bestimmten gesellschaftlichen Regeln unterwirft. Heute weiß ich, eine gute Mutter ist man, wenn man alles dafür tut, damit das Kind glücklich ist. Materielle Dinge können wir unserer Tochter nicht bieten, Geld ist uns unwichtig, alles was wir ihr geben können, ist - das wir sie sehen, das wir sie ernst nehmen, das wir achtsam mit ihrer Seele sind. Nicht ich habe mich zu einer guten Mutter gemacht, sie hat mich gelehrt eine achtsame Mutter zu sein - ob ich eine gute Mutter bin, wird sie mir eines Tages zeigen. In unserer heutigen Zeit kommt die Zeit miteinander viel zu kurz.
Man lernt kein Kind kennen, wenn man es nur 2 Stunden am Tag sieht.
Wir hatten ganz viel Glück denn ich war die komplette Zeit über zuhause und so konnte ich die kleinen und großen Veränderungen im Inneren meiner Tochter wahrnehmen. Viele Eltern sind durch ihren Beruf gezwungermaßen leider nicht in der Lage so viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.

Elternzeit ist für mich Arbeit an mir selbst. Ich muss immer wieder hinterfragen ob das was ich tue wirklich richtig ist. Und ich muss mich in diese kleine Seele hinein versetzen, das Erwachsene ICH ein Stück beiseite schieben und mir mein inneres Kind ansehen. Erst dann verstehe ich wirklich wie es meiner Tochter geht.

Heute morgen dachte ich darüber nach, warum ich noch nie einen Elternratgeber geschrieben habe. Es gäbe so viel zum Thema Erziehung zu sagen. Alle Konzepte die ich bisher gelesen habe, waren für mein Kind nicht gut genug, weil es immer wieder darum ging, den Willen des Kindes zu brechen.
Viele dieser Erziehungsratgeber gehen von Anfang an davon aus, dass das Kind schwierig ist, das es Probleme innerhalb der Eltern-Kind-Beziehung gibt. Wenn man als Neugeborene Mutter diese Zeilen liest, dann interpretiert man zu leicht hinein, dass es bei allen Kinder gleich ist. Und man fängt an zu Erziehen unabhängig der Individualität des Kindes.

Und darin sehe ich ein großes Problem.
Kinder kommen auf diese Welt ohne Probleme, sie haben auch nicht vor Probleme zu verursachen. Alles was sie wollen ist angekommen. Im Bauch hatten sie es noch mollig warm, dort stimmte alles. Alles war auf sie vorbereitet. Und nach der Geburt erleben sie die Welt in ihrer gänzlichen Härte.
Es ist hell und kalt und nirgends gibt es eine Begrenzung, keine Bauchwand die sie berühren können. Keine Sicherheit, keine Geborgenheit.
Die Welt öffnet sich wie ein großer Schlund ins Ungewisse.

Ich vergleiche dieses Trauma gerne mit der Vorstellung, man geht durch eine Zimmertür und auf einmal steht man mitten in der Wüste. Überall nur Sand und Hitze, über einem die Weite des Himmels. Die Füße brennen auf dem heißen Sand und man man bekommt kaum Luft. Und wenn man sich umdreht um die sichere Tür wieder zurück in den Raum zu erreichen, ist die Tür verschwunden und somit auch der Raum. Es ist so als hätte es niemals eine Tür gegeben und niemals diesen Raum.
Das Leben beginnt von vorne und der Mensch macht einen Schritt in eine Umgebung die er weder kennt noch schön findet.
Erwachsene Menschen können an so einer Veränderung zerbrechen, sie brauchen ihren Schutzraum, ihre Insel.

Von Babys erwartet man einfach das sie sich anpassen.
Und das von Anfang bis zum Erwachsensein.

Ja das Leben ist hart, aber gerade deshalb brauchen wir schützende Hände, damit wir sachte aufgefangen werden, während wir fallen.

Mir ist bewusst das sich die eine oder andere Mutter angegriffen fühlen könnte. Ich möchte ihr gerne sagen: Glaub mir ich möchte nicht angreifen, du tust das Beste für dein Kind und das glaube ich dir. Alles was ich mit diesen Sätzen möchte, ist zum Nachdenken anregen.
Jede Mutter tut das Beste, das was für sie Möglich ist und fast jede Mutter liebt ihr Kind, mehr als sich selbst - das stelle ich nicht in Frage.
Das einzige was ich wirklich in Frage stelle, ist das Leben, unsere Gesellschaft die mich zum Freak macht, weil ich Erziehung ablehne. Die erwartet das kleine Menschen sich anpassen an ein System das sie mit ihren Nöten und Gefühlen nicht wahr nimmt. Es ist nicht die Mutter oder der Vater, es ist unsere Gesellschaftsform die ich hiermit öffentlich kritisiere. Ich bin für die Kinder dieser Welt. Denn sie brauchen viele Stimmen, damit sie endlich erhört werden.


Ich ende hiermit und hätte mir so gewünscht euch einen Link zu dem buddhistischen Buch zu hinterlassen. Aber ich habe es nicht im Internet gefunden. Sollte ich es noch finden, werde ich es hier einfügen. Es ist wirklich empfehlenswert.

Euch alles liebe von der Jo



Dienstag, 6. September 2016

Unser Schulsystem - Gedanken


Ich habe mittlerweile viele Diskussion von Schulgegnern und Schulbefürwortern mitverfolgt.
Und immer wieder begegnen mir drei Totschlargargumente zum Thema, in einer Endlosschleife:

"Das Leben ist kein Ponyhof" und "Mir hat Schule auch nicht geschadet" und das dritte: "Kinder aus anderen Ländern würden sich freuen, wenn sie zur Schule könnten".


 "Das Leben ist kein Ponyhof/Wunschkonzert usw"

- die Schröders (Punkband) gehören geschüttelt - dieses Zitat bedeutet im Klartext das das Leben hart und rau ist. Eltern die so argumentieren bedenken nicht, dass ein Kind den Übergang der Schwangerschaft zur Geburt als unangenehm empfindet. Damit geht es los, der Übergang vom Baby, zum Schulkind ist mit vielen Unwohlsein Zeiten verbunden, das Kind zahnt, Es verliert die ersten Zähne, es entdeckt sein eigenes ICH, es möchte Dinge tun die es nicht kann. Es fängt an sich und die Welt zu hinterfragen. Diese Zeit ist alles andere als einfach, sowohl für die Kinder als auch für die Eltern. Und dann kommt der Kindergarten, das erste Abnabeln. Die ersten schmerzhaften Abschiede und das Gefühl Mama kommt vielleicht nie wieder. Kinder lernen hier schon das sie etwas machen müssen, was Eltern von ihnen erwarten, sie müssen aufhören zu weinen, sie müssen sich anpassen... Und dann kommt die Schule. Und von einem Moment zum Anderen wird das Kindsein zum richtigen Problem. Ich frag mich dann immer: Wollen Eltern dass ihre Kinder gleich nach der Geburt erfahren wie schmerzhaft das Leben sein kann? - Das Leben ist kein Ponyhof... ja aber muss man noch einen Draufsetzen, indem man sein Kind quält? Wenn man unser heutiges Schulsystem betrachtet dann ist es ein Pflichtprogramm das alle Kinder gleich unterrichtet werden, sie müssen schnell sein, sie müssen konzentriert sein, sie müssen sich anpassen. Ihre eigene Individualität können sie höchstens 3 Stunden am Tag ausleben - wenn die Schule beendet ist und die Stunden vorbei sind, an denen man an den Hausaufgaben sitzt.
Der Rest des Tages wird jedoch genauso Reglementiert, statt wirklich zu leben und Dinge zu tun, die Spaß machen, haben die meisten Kinder noch ein Pflichtprogramm zu erfüllen: Sport und Vereine, Kindergeburtstage. Ihnen muss das Ganze Spaß machen, sonst werden sie ja psychisch krank. Stellt euch doch einfach mal vor, ihr kommt von der Arbeit nachhause und müsst noch Hausaufgaben machen und danach müsst ihr in den Sportverein (von nichts kommt nicht, sagt mir mal eine Mutter). Und hin und wieder macht ihr Termine aus - wenns passt - um mit anderen Erwachsenen was zu unternehmen. Das ist das Leben unserer Kinder. Ist das toll? Nein ihr Leben ist kein Ponyhof... ja so ist es. Aber wir können eine Menge tun, das sie es trotzdem schön finden. Eine Kindheit ist so unglaublich kurz, lasst sie doch einfach diese Zeit genießen. Es sind doch nur ein paar Jahre.


Totschlagargument zwei: "Mir hat die Schule auch nicht geschadet"

Wo ist der Spiegel der Wahrheit? Muss es denn erst zum "Schaden" kommen, damit Eltern mal genau hinschauen wie es ihren Kindern geht? Und vielleicht ist ja das Kind ein ganz anderer Mensch, als sie selbst, Was ist mit den Kindern die sich versuchen aus dem System von Schule, Hausaufgaben und sonstigen Verpflichtungen zu winden? Heute weiß man das Burn Out bereits eine anerkannte Psychische Erkrankung bei Schulkindern ist. Aber das ist es nicht alleine, gehen wir mal die ganzen Krankheiten durch, die durch den Druck in Schule und Elternhaus auftreten:
An erster Stelle: Depressionen, Burn Out, Selbstmordgefährdung, Angst, Panik, Verweigerung, ADS, ADHS, Unangepasstes Handeln, Selbstverletzung. Psychosomatische Beschwerden (wie bei meiner Tochter Bauchschmerzen, Kopfschmerzen) usw. Diese Liste ist endlos lang und wird einfach von Seiten der Erwachsenen ignoriert.
Wenn man sich heute betrachtet das viele Erwachsene unter Leistungsdruck zusammenbrechen, dass Burn Out zur Normalität geworden ist, dann frag ich mich allen ernstes wie jemand noch sagen kann: "Mir hat die Schule auch nicht geschadet!" Seid ihr euch da sicher, liebe Eltern?

Nr 3 der Argumentenskala: "In anderen Ländern..."

Ja nach anderen Ländern wird gerne geschaut um auf hiesigen Missstände hinzuweisen, oder auf dortige. Es ist immer fein Vergleiche zu ziehen die letztendlich hinken. In anderen Ländern wird fast nur Reis gegessen und hier ... - und nun, das eine rausholen und das andere ignorieren? Wie ist es mit rohen Fleisch und Fisch in Asien, dort ist es normal. Oder wie ist es mit frisch gebratenen Hund...
Man kann andere Länder nicht mit Deutschland vergleichen, das ist unmöglich, da es riesige gesellschaftliche, kulturelle und politische Unterschiede gibt.
Natürlich würden Kinder gerne zur Schule gehen, wenn es als Alternative nur die Feldarbeit, Fabrikarbeit, oder die Prostitution gibt.

Nach all den Diskussionen habe ich mich ernsthaft gefragt ob Eltern sich nicht vorstellen können oder wollen, das ihre Kinder zwar die Gene ihrer Eltern besitzen, aber dennoch individuelle Wesen sind. Kinder können von ihrem Wesen her vollkommen unterschiedlich zu ihren Eltern sein. Sie haben eigene Vorstellungen, Wünsche und Sorgen. Kein Mensch gleicht dem Anderen. Manchmal denke ich, es ist Eltern vollkommen egal ob einige ihrer Kinder unter dem Schulsystem leiden, solange sie funktionieren, sich anpassen wird das hingenommen.

Was mich schockt ist, dass die Erwachsenen in diesen Diskussionen nicht merken wie sehr sie bereits Instrumentalisiert sind, nach einem bestimmten System zu leben. Eigene Vorstellungen, Gedanken und Gefühl werden unterdrückt und statt dessen wird darauf geachtet sich einer Norm anzupassen und genau das gleiche wird von den eigenen Kindern erwartet.
Bei all diesen Diskussionen ging es letztendlich um den Willen und der Erwartung der Eltern. Andere Vorstellungen von Schule und Erziehung wurden belächelt oder angegriffen.
Erziehung stand unter einem besonderen Deckmantel des moralischen Schutzes. Wehe man schrieb: Das man das Kind nicht erzieht, weil man es nicht einengen und instrumentalisieren möchte, und schon war mal Asozial oder gehörte zur Antiautoritären Elite.
Für mich sind diese Arten von Diskussionen nicht fruchtbar, weil Eltern sich sehr schnell angegriffen fühlen, wenn man ihnen bewusst macht, dass es auch andere Möglichkeiten gibt.

Man muss nicht gleich sein Kind zuhause unterrichten, es reicht auch, wenn man Alternativen findet, die auf die Individualität unserer kleinen Mitmenschen eingehen. Die Waldorfschule ist sehr praktisch ausgerichtet, hier haben die Kinder noch die Möglichkeit eigene Lösungswege zu finden, sich auszuprobieren mit unterschiedlichen Werkstoffen, statt blinder Gehorsam wird auf ein familiäres Umfeld geachtet (auf diese Schule geht meine Tochter) und ich finde es absolut hervorragend gelöst, dass auch für Eltern mit einem geringen Einkommen einen Lösung gefunden wird.
Noch besser finde ich die freien Schulen die dem Kind die Möglichkeit überlassen, aus eigenem Antrieb zu lernen und zu entdecken.
Mit dem Thema Unschooling habe ich mich noch nicht so intensiv beschäftigt aber auch das ist eine Möglichkeit um dem Kind die Welt näher zu bringen, ohne starren Schulrhythmus. Wichtig ist bei all dem dass Eltern zu Beobachter werden, dass sie sich Zeit nehmen um auf die Belange ihrer Kinder einzugehen.

Nach diesen Diskussionen tun mir die Kinder leid die in dieser Welt aufwachsen, ich habe tiefes Mitgefühl für ihre Nöte und Sorgen und ich finde es schade, dass Erwachsene nicht einfach mal über den Tellerand blicken und das wahrnehmen was ist, statt sich mit dem zu beschäftigen was sein könnte (Mein Kind muss Abi machen, damit es einen guten Beruf lernt...).

In diesem Sinne wiederhole ich mich gerne, wenn ich Khalil Gibrans Gedicht nutze um mich zu verabschieden:


Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und Er spannt euch mit Seiner Macht, damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.

Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883-1931


Namasté und alles liebe von eurer Andarnil