Mantra Musik

Sonntag, 21. Juli 2013

In der Scheiße stehen und meditieren...

Es gibt sehr viele Arten der Meditation, ich habe meine eigene gefunden.

Wenn ich den Schafstall miste, lässt es sich besonders gut meditieren, während meine Arme mit der Mistgabel beschäftigt sind, mache ich meinen Geist frei.

Ich atme den Stallgeruch ein und lass die Fliegen um meinen Kopf herum surren.
Ich atme aus und meine Atemluft vermischt sich mit dem Geruch der Gülle.
Während ich dieser Arbeit nachgehe laufen mir Schweißperlen übers Gesicht, die ich kaum wahrnehme. Manchmal werde ich unterbrochen wenn Emo mein mittlerweile großes Lämmchen mich anstupst. Oder Minni laut blöckt.
Die Zeit vergeht wie im Fluge und ich merke noch nicht einmal wie lange ich zum Ausmisten gebraucht habe und wenn ich fertig bin, atme ich noch einmal tief durch.
Es ist eine Stille in mir, die sich vom Herzen ausbreitet über den ganzen Körper wandert und mich ausfüllt mit einer tiefen Gelassenheit.
Manchmal lass ich sie ausklingen in dem ich mich in die Mitte meiner Schafe stelle und die Augen schließe.
Ich spüre ihre Anwesenheit nun stärker, ich spüre den Windzug an meinem Körper ziehen, die Sonnenstrahlen die meine Glatze treffen und mich sanft kitzeln.
Ich spüre den sanften Hauch eines Schafs das mich beschnuppert.
Die Geräusche die es dabei macht, schnell einatmen und langsam ausatmen.
Ich fühle den Boden unter meinen Füßen, die schwere meines Körpers, ich höre die Vögel singen und ich höre wie meine Hühner ganz in der Nähe leise keckern, weil sie einen Wurm gefunden haben.
Ich höre meine Tochter die im Haus laut singt und meine Frau die unser Beet bewässert.
Ich fühle den Himmel über mir und die Wurzeln der Grashalme unter mir.
Und irgendwann bin ich Teil von all dem, teil des Lebens um mich herum.
Teil der Scheiße die ich ordentlich auf einen Haufen geworfen habe, teil der Tiere die sich leise oder laut bewegen.
Teil dieser Welt.
Das ist der Moment an dem ich mich wieder löse, von dieser inneren Ruhe, der Gelassenheit in mir, der Tiefe mit all dem um mich herum.

Oft atme ich noch einmal sehr tief ein und wieder aus, ich öffne die Augen und brauche ein paar Sekunden um wieder anzukommen, in der aktuellen Realität. Wenn meine Augen dann über die Schafe gleiten, über die Wiese wandern, merke ich das die Farben satter sind, intensiver strahlen. Ich fühle und sehe die Aura eines jeden Schafes, die Aura um die Grashalme, um die Büsche, sogar um den Schafstall. Das ist dann der Moment an dem ich meine Augen wieder schließe, wieder öffne und wieder schließe um sie wieder zu öffnen. Meine Welt wird wieder zu der Welt die ich kenne. Ich berühre noch kurz eines meiner Schafe, dann drehe ich mich um und verlasse den Schafbereich.

Meine Meditation ist beendet.


Es gibt viele Arten der Meditation, früher als es noch keine Schafe in meinem Leben gab, lief ich meditierend eine kleine Strecke ohne Ziel. Manchmal nur im Kreis, dabei zählte ich von 1 bis ... und wieder von vorne.
Oder ich saß auf einem Meditationskissen, die Augen geschlossen in der typischen Yogahaltung. Die Finger zu einem Mutra geformt. 
Diese Arten der Meditation musste ich planen, ich suchte einen bestimmten Zeitpunkt, den ich dann einhielt. Und ich suchte einen bestimmten Zeitpunkt an dem meine Meditation beendet war. Heute ist sie beendet wenn sie endet. Die Zeit die ich zum Misten des Stalls brauche, ist genau die Zeit die ich zum Meditieren benötige. 
Manchmal zwischendurch meditiere ich beim Kochen, oder beim Musik hören, beim Klavierspielen, oder einfach weil mein Geist gerade auf Wanderschaft geht, während meine Augen aus dem Fenster blicken. Das Ergebnis ist fast immer das gleiche. Ich versinke, während die Welt in der ich sitze, stehe oder liege die gleiche bleibt, ist meine innere Welt ruhig und gelassen. Gedanken die kommen, ziehen wieder vorbei, Gefühle die kommen, ziehen vorbei, wie die Wolken die ich beobachte, die sich formen und wieder lösen.

Es gibt keine falsche Meditation, lasst euch das bitte nicht einreden. Im Zenbuddhismus ist es das sitzen, das dort bis zum schmerzpunkt einstudiert wird, der Schmerz der hier in Kauf genommen wird, kann genauso zum Fixpunkt werden wie das Dauerhallen im Kopf, während einer Schweigemeditation. 

Wir umgeben uns mit angeleiteten Musikstücken und dem Gefühl etwas nicht richtig zu machen, wenn wir keine Tiefe erreichen. 
Ich erlebe oft wie frustriert Menschen sind, die denken sie seien nicht Imstande das zu erreichen was der Meditationslehrer ihnen als Höhepunkt einer jeden Meditation lehrt und leider oft auch verspricht. 

Ich sage euch einfach, gebt euch den Wachträumen hin, wenn ihr aus dem Fenster schaut. Gebt euch der Achtsamkeit hin (hört die Geräusche um euch herum, seht euch die Dinge genauer an, versucht sie nicht zu analysieren, sondern nehmt sie einfach nur wahr), bei all dem was ihr tut. 
Der meditative Zustand kurz vorm Einschlafen, oder kurz bevor man erwacht, ist weit wertvoller als der Zustand den man erreichen will, weil man Geld für ein Meditationsseminar ausgegeben hat.

Der Anfang ist Leichtigkeit, alles andere kommt oft von selbst.

Namasté 
eure Jo

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen