Tagebuch 28.7.2013
Es gibt Tage da haue ich so dermaßen rein mit meinem schriftlichen Gedanken. Ich spiegel anderen Menschen Themen vor, die sie ansprechen, inspirieren, aber auch wütend machen, traurig machen. Oft sind es Fremde, aber auch oft genug sind es Menschen die ich liebe.
Themen werden wieder ausgegraben, die schon längst erledigt sind, Erinnerungen kommen hoch die weit hinab in die Vergangenheit reichen. Das Leid das ich verhindern will, klopft an anderer Stelle wieder an.
Es ist ein ewiger Kreislauf von Verstehen und Missverstehen. Liebe und Leid ...
Heute ist wieder so ein Tag.
Ich versuche meine Texte sehr allgemein wie möglich zu halten, versuche vieles Global zu beschreiben, so wie es in mir als Erklärung ankommt, so wie ich es in mir als Verstehen wahrnehme. Diese allgemeine Betrachtungsweise beinhaltet ein großes Risiko, es kann jeden Ansprechen und es spricht auch oft Jene an, die mich kennen und lieben.
Sie fühlen sich gerade deshalb von mir angesprochen, weil auch ich sie kenne und liebe.
Und das führt oft dazu das ich verletzte, ohne es zu wollen, ich greife Themen auf, die in meinem eigenen Leben sich als Gedanken formen. Ich greife Probleme auf, die ich durch Erfahrungen wiedergebe.
Je mehr diese Thematiken sich bündeln, desto mehr fühle ich mich inspiriert etwas dazu zu schreiben.
Und jetzt da ich es getan habe, fühle ich mich Scheiße, weil ich damit einen Menschen der mir etwas bedeutet verletzt habe.
Mir treten die Tränen in die Augen, weil ich genau DAS nie und nimmer gewollt habe....
Wir konnten zwar durch Gespräche dieses Missverständnis lösen, trotzdem ist etwas passiert was mir bewusst macht, das ich immer und überall Leid verursachen kann, ob ich es möchte oder nicht.
Es passiert.
Advaita - Nicht-Dualität
Ich habe gelernt das viele Menschen zur gleichen Zeit sich mit einem bestimmten Thema beschäftigen, da ich vieles Global betrachte, ist meine Erklärung auch in dieser Globalität zu finden.Globalität ist unrevidierbar, Das heißt ich kann die Dinge nicht umkehren, ich kann meine Sätze nicht einfach wieder löschen, oder verändern. Wenn etwas geschrieben ist und es gelesen wurde, ist es gespeichert.
Ich habe mir im Laufe meines Lebens vorgenommen mich selbst nie zu zensieren. Aber es gibt Momente da möchte ich das was ich gesagt oder getan habe, wieder verändern, weil es Menschen verletzt hat, sei es Fremde oder auch Nahestehende, Menschen die ich liebe und schätze.
Doch mir ist bewusst, das meine Art zu denken, alle Menschen ansprechen könnte. Meine Art zu empfinden, kann eine Distanz hervorholen, mich auf einen Sockel stellen, oder mich verteufeln. Je nach Betrachtungsweise, und je nach eigenem Thema.
Genau diese Distanz versuche ich schon seit Jahren zu verhindern, indem ich viel von mir schreibe und preisgebe, ich mache mich sichtbar und somit angreifbar.
Ich bin keine Buddhistin der man unbedenklich folgen sollte, ich bringe vielmehr mit meinem eigenen Schwächen die Menschen zum Nachdenken.
Ich bin (nicht) stark, ich bin (nicht) schwach, ich bin (nicht) mehr oder weniger. Und ich verletze, obwohl ich ein Gelübde abgelegt habe, Leid zu verhindern.
Doch bin ich zu sehr Mensch und zu sehr Teil aller Menschen. Ich kann es nicht verhindern, das meine Worte, oder meine Taten, Mensch und Tier leid bringen. Ich wollte ich könnte...
Mein letzter Blockeintrag: Brücken sind zum Überqueren da ...
handelte letztendlich von mir selbst. In den letzten Monaten habe ich es oft erlebt, das mir Menschen begegnet sind, die zu mir hoch blickten, auf das was ich und meine Familie tun. Unsere Nächstenliebe und unsere Liebe zum Tier.
Menschen die mich bewundern, die mich tief berührten, Menschen die mich eigentlich gar nicht kannten, oder nur einen winzig kleinen Teil von mir. Ich habe manchmal das Gefühl durch diese Bewunderung zu meiner Person, bin ich wieder ein Stück gewachsen. Meine 167cm fangen an zu fliegen und irgendwann auf der Höhe eines Daches, finde ich mich wieder.
Und dann kann ich nur noch nach unten brüllen, dabei will ich doch so gerne neben ihnen stehen, statt mich krampfhaft am Dachgiebel festzukrallen.
In solchen Momenten bring ich mich wieder selbst runter, ich lasse los und steh dann auf einmal wieder neben ihnen, bei ihnen.
Bin Teil von ihnen, bin die Freundin, die Autorin mit der Schnodderschnauze und der viel zu tiefen Denke. Die gefühlte Frau!
Ich kann und will nicht auf Distanz bleiben.
Ich denke das ist auch einer der Gründe warum ich eine Sangha für mich ablehne. Die Distanz die innerhalb der Spiritualität entsteht, das suchen nach einem Lehrer, die Verbindung die dadurch aufrecht erhalten wird, das es jemanden gibt, der lehrt und jemanden der sich belehren lässt. Eine Dualität die manchmal krampfhaft aufrecht erhalten wird, um den Partner auf Distanz zu halten.
Ich erinnere mich an meine ersten Bücher von Ayya Khema, einer buddhistischen Nonne die hier in Deutschland als erste Frau den Buddhismus publik machte.
Sie hat mich letztendlich die NICHT - DUALITÄT (Advaita - Sanskrit: Nicht-Zweiheit) verstehen lassen.
Advaita bedeutet letztendlich das alles EINS ist. Advaita bedeutet Globalität, die Dinge aus allen Richtungen zu betrachten und nicht nur auf EINEN Beobachter zu beschränken.
Diese Betrachtung hat jedoch zwei Seiten, die eine Seite die Dinge durch die unterschiedlichen Blickrichtungen zu neutralisieren, ihnen den Wert zu nehmen. Sie real und somit ohne "böse oder gut" wahrzunehmen. Auf der anderen Seite bedeutet es Mensch und Tier zu entglorifizieren.
Leid
Mit all dem was mich ausmacht, fühle ich mich oft alleine, in dieser Betrachtung. Ich erlebe Gewalt anders, weitreichender. Aber ich verstehe dennoch, wenn man Wütend ist und um sich schlägt weil die Ungerechtigkeit so dermaßen heftig ist, das man Hilflosigkeit und Hass empfindet. Ich erlebe es täglich, wenn ich Bilder von misshandelten Tieren sehe und Hilferufe lese, von Menschen die diese Tiere retten wollen und nicht können.Ich erlebe es täglich, wenn ein Aufschrei durch die Medien geht: "Wieder ist ein Kind misshandelt, missbraucht, vergewaltigt, getötet worden".
In solchen Momenten fühle ich mich sehr nah mit den Schreienden, Wütenden, um sich schlagenden, hassenden Menschen. Und doch ist Advaita allgegenwärtig.
Es ist so als wäre ich mein eigener Betrachter. Ein Teil von mir nimmt die Welt Global auf, der Satz: "Alles hat seine Berechtigung" wird zur wahrhaftigen Formel in meinem Geiste.
Der andere Teil in mir weint mit denen die Leid erfahren. Fühlt Hilflosigkeit, ist tieftraurig.
Weil ich selbst Teil davon bin, ein Mensch bin, ein missbrauchtes fast getötetes Kind einst war.
Weil bei mir Tiere leben, die missbraucht wurden, misshandelt und fast getötet.
Das Leid ist allgegenwärtig und ich bin selbst Teil davon.
Auch wenn ich es nicht möchte
Das Rad das dreht sich, die Dinge geschehen.
Der einzige Trost der bleibt, ist die Entscheidung, das zu verändern was zu verändern ist.
Der amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr hat ein Gebet verfasst, dessen Ursprung wohl bis zu Franz von Asissi zurück reicht:
"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen die ich nicht ändern kann.
Den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.
Und die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden."
In allen Zeiten gab es Menschen die begriffen haben, das manche Dinge nicht zu ändern sind. Wir können weinen und klagen, wir können gegen die Wände treten. Doch was wir nicht können ist eingreifen und Veränderungen herbei führen, denn meist erfahren wir erst davon, wenn es passiert ist.
Wir erfahren, wenn Tiere misshandelt wurden und Kinder missbraucht wurden, wir erfahren die Vergangenheit in der Gegenwart. Und das macht uns Hilflos.
Alles was wir tun können, ist das Leid dieser Welt verhindern, indem wir es erst gar nicht zulassen.
Alles was wir tun können, ist die Entscheidung zu fassen, selbst kein Leid bewusst auszulösen.
Das es trotzdem oft genug geschieht, zeigt mein obiger Tagebuchauszug.
Es gibt Momente da wünschte ich, ich könnte die Zeit zurück drehen...
Doch dann wird mir schnell klar, das es gut ist, so wie es ist.
Denn nur so können Dinge verändert werden, nur so lernt ein Mensch.
Das Leid was ich jetzt verursacht habe, ist nun Bestandteil meiner Erinnerung.
Und wenn ich Glück habe, wird es mir nicht mehr passieren...
Ich weiß, dass ich Leid verursachen kann, immer und überall.
Ich weiß aber auch, das ich es nicht will...
In dem Sinne
Namasté
Es tut mir leid!!
Alles liebe von Jo
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