Es war ein wunder - wundervoller Tag und noch immer zehre ich von diesem Glück. Ja wir haben es endlich geschafft. Wir dürfen heiraten. Dieser Tag fing bei mir um kurz nach fünf an und wird wohl lange nicht enden, denn ich bin noch voller Endorphine, voller Serotonin.
Das ist MEIN Tagebuch für heute:
Tagebuch - Unser Tag
Wir saßen zusammen auf den Bett und ich hatte insgesamt 3 Seiten geöffnet: Bundestag, ZDF und Spiegel Online. Als dann klar war wir haben die Mehrheit für einen Antrag sind wir das erste Mal in Tränen ausgebrochen und ich konnte ein Freudenschrei nicht zurück halten. Britta nahm meine Hand und küsste sie. Eine Chance endlich. Zwischendurch hatten wir Probleme mit dem Streamen und als dann die Kantine eingeblendet wurde rastete Britta fast aus.
Die Rede von Kahrs und Beck fand ich am beeindruckendsten. Bei Kahrs hatte ich das Gefühl endlich darf er das sagen was er all die Jahre unterdrückt hat. Grossartig. Volker Beck hätte ich am liebsten geknutscht.
Als es dann endlich zur Auszählung kam machte unser Internet dicht.
Aber dann erfuhren wir es, ich hab geschrien und bin auf dem Bett herumgehopst. Ich muss so laut gebrüllt haben, dass Shaya aus ihrem Zimmer kam. Wir haben geweint und uns umarmt, dazwischen unser Kind das sich mit uns mit freute. Britta sah mir in die Augen und sagte: "Meine Frau endlich!"
So emotional und überglücklich.
Es war der Wahnsinn.
Heute abend werden wir mit unseren Freunden feiern. Auch sie haben vor dem PC gesessen zwischen ihren Kindern und auch sie werden heiraten, als wir uns heute morgen sahen gab es Umarmungen und gegenseitige Glückwünsche. Die Freude ist Bombastisch. Unsere Kinder werden Blumenmädchen sein, das steht schon fest.
Ich bin immer noch am weinen, während ich hier sitze, auf dem Weg zu Ikea. Wir haben erst vor ein paar Tagen unsere Ringe gefunden -nach all den Jahren ohne Ring. Trag ich sie nun mit Stolz.
Ich liebe dich unendlich meine Frau und ich freue mich auf unsere Hochzeit. Endlich!!! ❤❤❤
Fazit heute:
In der Welt Online lese ich: "lesbisches Liebespaar und zur Hochzeit soll die Kanzlerin kommen",ich lese von einer Ronja die ihr Leben in Abhängigkeit von Merkel sieht.
In der FAZ lese ich, dass sich ein angeblich schwuler Mann unter einem Pseudonym absolut homophob über die Ehe für alle und den damit verbundenen "Selbstverrat" ausgelassen hat. Und über den Flashmob den er ausgelöst hat. Eigentlich wollte ich mehr lesen, aber dann überkommt mich dieses leise Gefühl von Bitterkeit, einen Moment lang zumindest, bis mein Serotonin wieder die Überhand gewinnt.
Was passiert mit den Menschen da draußen, was macht es mit ihnen, dass wir (das fast möchte ich hier streichen) gleichgestellt sind?
Wen außer uns, sollte es tangieren?
Wieso fühlen sich alle verpflichtet sich zu äussern, zu kommentieren, wütend zu sein, voller hass zu sein?
Viele behaupten: Wir sind nicht homophob, wir haben nur unsere (homophobe) Meinung und ihr solltet Tolerant genug sein, das zu akzeptieren, ihr erwartet ja auch Toleranz von uns. Und ich denke mir: Ist euch nicht bewusst wie schwachsinnig dieser Satz ist, er spiegelt mehr als nur eine homophobe Sicht. Er zeigt euren egozentrierten Stand in der Gesellschaft - so was wie: "Ich habe ältere Rechte als du und ich habe nicht vor meine Rechte mit dir zu teilen und das hast du gefälligst zu akzeptieren!". Als würde euch die Ehe gehören, als hättet ihr sie im letzten Supermarkt gekauft.
Manche greifen öffentlich an, drohen mit Karlsruhe, andere geben sich geradezu heroisch: "Ihr werdet es erleben wenn die Islamisierung kommt, seid ihr als erstes dran". Viele schwören es läge nur an den Sozialisten und dem linksversifften Pack. "Und die Merkel wird es sehen, wir lassen uns nicht von ihr verkaufen".
Verkaufen? Wen hat sie verkauft?? Ich verstehe es nicht.
Deutschland begibt sich auf die rechte Seite und merkt es noch nicht mal. Ich habe selten so einen scheiß gelesen wie: "Kann ich meinen Hamster auch heiraten?" oder: "jetzt gibt es auch die Kinderehe und die Vielehe, wir sind jetzt so weit, die Moslems haben es ja vorgemacht!"
Erschreckend wie unreflektiert und wie unglaublich dumm manche Kommentare sind.
Und bei all dem fühle ich mich wie auf einer Samtblauen Wolke, ganz oben. Die Bitterkeit war nur eine Sekunde und dann hat mich wieder das Glück eingeholt.
Es ist als wäre ich in Watte getaucht, egal was kommt, den heutigen Tag, die heutige Nacht kann uns niemand nehmen.
Daran halte ich mich fest, trotz des öffentlichen Hass, trotz der Widerlichkeit so mancher Kommentare.
Was immer da in den Köpfen der Menschen vor sich geht, es kam heute ganz deutlich zu Tage. Wir haben hier in Deutschland gespaltene Persönlichkeiten, sehr viele Rechtsextreme die sich hinter einem C verstecken. Menschen die eine tiefe Wut in sich tragen, gegen alles was nicht in ihr Weltbild passt. So viel Zorn und Gewalt. Was muss passiert sein in ihnen, das so zerstörerisch ist.
Aber wir haben auch die andere Seite, es gab heute viele Gratulanten, viele Menschen die mitweinten und feierten. Es gab Familien die sich für ihre Töchter und Söhne freuten und es gab und gibt einige Partys. In vielen Städten wird gefeiert, das Glück ist sichtbar. So sichtbar wie ein Regenbogen nach einer verregneten Zeit, wenn die Sonne hervorkommt und das Land erhellt.
Ich erlebe sehr viel Liebe und Zuneigung. Nur das zählt, dieses Näherrücken, diese unendlich schöne Liebe. Das Gemeinsame ist wie eine zarte Umarmung. Ich habe selten so geliebt wie heute, es strömte in mir, es floss über vor Mitfühlen und Miterleben.
Kein Mensch kann uns das nehmen, wenn ich an einen Gott glauben würde, wäre dieser Tag Göttlich. Im Buddhismus sagen wir mettâ dazu, allumfassende liebende Güte.
Das ist es was ich heute fühle, für jeden meiner Brüder und Schwestern, jeden der sich involviert fühlt. Von mir aus die ganze Welt, egal ob Homo, Trans oder Hetero. Wir alle sind in meinen Augen nur eine große Familie.
Auch wenn die hass und wutverzerrten Kommentare die andere Seite zeigen, zeigen sie doch nur eine Welt in der ich nicht bin, mit der ich nichts zu tun habe. Diese Menschen können niemals mitfühlen was ich fühle, nie das Glück erleben das ich erlebte als ich heute morgen die Hand meiner Frau hielt während ich gleichzeitig schrie vor Glück und Fassungslosigkeit.
Es ist wie eine warme Welle die mich immer noch umarmt.
Sie tun mir leid, diese wütenden traurigen Menschen. Es wird noch eine Weile so weiter gehen, es werden hasstiraden über den Äther laufen, vielleicht wird es erneut eine Zeit mit Merkel an der Spitze geben, vielleicht versinkt auch irgendwann unsere Welt in einen braun/schwarzen Loch.
Momentan ist mir das egal. Momentan zählt nur dieser Blick in die Augen meiner Frau - MEINER FRAU!!! Und nur das zählt, nur diese tiefe unendliche Liebe die ich fühle.
Möge dieser eine Augenblick nie enden....
DANKE von Herzen, dass es euch liebende mitfühlende Menschen gibt.
Es war ein wundervoller Tag.
Herzlichst eure Jo
Namasté ihr wundervollen Menschen... mein Traum wird sich erfüllen, es darf sein!
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