Mantra Musik
Mittwoch, 13. Dezember 2017
Tagebuch - über den Sinn des Selbst
Im Buddhistischen Sinne, also im Sinne derer die die Buddhistische Lehre verbreitet haben, ist die Überwindung des Selbst das Ziel eines jeden Buddhisten.
Wenn ich positiv über das ICH und das Selbst schreibe, bekomme ich das von irgendeinem Buddhisten sehr gerne um die Ohren gehauen und dann frage ich immer: "Warum sollte man ein Selbst überwinden, wenn es gar kein Selbst gibt" und meistens kommt dann entweder eine Art von Beleidigung oder gar nichts mehr.
Es gibt im obigen Satz zwei Widersprüche an sich über die ich heute reden möchte.
Der eine Widerspruch ist der Begriff: Überwindung. Im Buddhismus steht die Gegenwart an erster Stelle. Nur das JETZT, das HIER ist das was wichtig ist. Die Realität findet im Jetzt statt, die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch nicht vorhanden. Wir wissen nur was wir jetzt in diesem Augenblick tun. In diesem Moment sind wir das was wir sind. Zwar ist die Vergangenheit Teil unserer Entwicklung, aber da wir nichts verändern können, noch können wir etwas dazu tun, ist die Vergangenheit für das was wir in dem Moment des Jetzt tun, nicht relevant. Wir haben jetzt die Entscheidung, alles was wir vorher getan haben zu beenden und einen neuen Weg zu gehen. Diese Entscheidung haben wir immer nur in diesem Moment des Jetzt, der im nächsten Moment wieder zur Vergangenheit gehört.
Das Überwinden von etwas zielt darauf hinaus, das wir das was wir getan haben, verändern. Nur kann man das was vorher war, nicht mehr ändern. Wir können auch nicht in die Zukunft blicken um ein Ziel das wir jetzt planen zu überwinden, oder zu besiegen. Wer sich also mit dem Begriff Überwinden identifiziert, lebt entweder in der Vergangenheit, oder in der Zukunft.
Überwinden heißt sich ein Ziel setzen, ein Ziel ist immer etwas das in der Zukunft ist. Wenn man das Ziel durchleuft, braucht man nichts mehr zu überwinden, bzw. man braucht sich kein Ziel mehr zu setzen, denn man hat das Ziel erreicht.
Im Buddhismus geht es also nicht darum ein Ziel zu erreichen. Es geht nur darum jetzt in dem Moment zu gehen, das Ziel ist dabei vollkommen gleichgültig, es kann 200 Meter weiter sein, oder zwei Jahre entfernt liegen.
Der zweite Begriff ist das Selbst, oder auch ICH. Das ICH ist eine illusion laut der Übersetzungen von Buddhas Reden. Alles was eine Illusion ist, ist nicht vorhanden. Es existiert nicht und was nicht existiert, bzw. nie existiert hat, kann auch nicht verändert werden. Die Überwindung des Selbst ist also ein Satz der im Buddhismus keinen Sinn ergibt.
Warum sollte man sich mit etwas beschäftigen, das eigentlich nie da war?
Nun könnte man hier einwenden, dass wir aber alle in der Illusion des Selbst leben und daher der Begriff des Überwindens richtig ist.
Ich wende ein:
Eine Illusion ist ein Trugbild, jeder Buddhist der sich der Lehre zugewendet hat, weiß im Laufe der Zeit, dass das ICH eine Illusion ist, weil er den Reden Buddhas Glauben schenkt. Es gibt nur wenige Buddhisten die das in Frage stellen. Die meisten versuchen im Laufe ihrer buddhistischen Ausbildung das ICH in sich selbst zu verändern, bzw. sie erhoffen sich durch Meditation und des Studiums des buddhistischen Weges zu erwachen. Die wenigsten erkennen, dass die Illusion des ICHs keine Überwindung oder Veränderung braucht, da es kein ICH gibt, ist es auch nicht wichtig überhaupt etwas in der Richtung zu unternehmen.
Es geht - meiner Meinung nach - vielmehr darum zu akzeptieren, dass wir in einer Illusion leben und das ICH nutzen um diese Illusion aufrecht zu erhalten. Man muss nichts mehr verändern, wenn man eine Tatsache akzeptiert.
Buddha selbst hat im Laufe seines Lebens mehrere Erfahrungen innerhalb der Illusion des ICHs gemacht. Er hat begriffen, das Leid Teil dieser Welt ist. Er konnte nur sein eigenes Leid erkennen und somit verändern, nicht das der anderen Menschen. Jedoch indem er sein Leid veränderte, veränderte er auch auch sich selbst. Er wurde zu einem Vorbild.
Das ist ein wichtiger Schritt, wir lernen dass wir Machtlos sind. Jede Kraft und Energie scheitert wenn es um den Tod geht. Wir müssen erkennen, dass wir den Tod nicht aufhalten können. Der Prozess des Todes ist das erste was wir akzeptieren müssen. Dieser Prozess - das Sterben lässt sich nicht aufhalten. Der Tod ist immer gegenwärtig. Natürlich kann man jetzt einwenden, dass es immer mal Möglichkeiten gab den Tod aufzuhalten, die Medizin hat hier einen großen Stellenwert. Nun dazu kann ich sagen: Wenn die Medizin verhilft das Leben eines Menschen zu verlängern - ist der Tod noch nicht anwesend gewesen. Vielleicht war der Mensch sehr nah am Sterbeprozess, aber er war praktisch noch nicht wirklich tot.
Buddha hat erkannt das sich im Leben alles um Akzeptanz dreht. In dem Moment wenn man die Dinge um einen Herum akzeptiert, hört das kämpfen auf. Man gibt sich einfach in die Hand dessen was Gegenwärtig da ist.
Und wenn man sich in dem Kreislauf des Lebens und Sterbens befindet, wird auch das ICH - die Illusion des ICHs nicht mehr wichtig, denn auch das gehört letztendlich zur Akzeptanz.
Eine Illusion ist nichts schlimmes, noch ist es etwas das man bekämpfen muss.
Die Illusion ist wie eine warme Decke die uns vor der Kälte der Realität schützt. Wäre diese Decke nicht da, gäbe es auch keine Entwicklung, denn wenn einen IST Zustand von Anfang an akzeptiert hätten, hätten wir uns als Menschen nicht weiterentwickeln können, weil jede Entwicklung auch Motivation braucht. Und Motivation setzt vorraus, das wir uns Ziele setzen.
Und genau da setzt wieder das Selbst ein.
Buddha erkannte, das alles mit einander verbunden ist. Das Selbst, ICH, die Illusion des ICHS, die Akzeptanz der Illusion und das Erwachen.
All das ist letztendlich ein und dasselbe.
Es gibt Menschen die irgendwann im Laufe ihres Lebens erkannt haben, das sie einfach nur akzeptieren müssen, die aber noch nie etwas von Erwachen gehört haben und dennoch erwacht sind.
Und es gibt Menschen die ihr Leben lang auf den Zustand des Erwachens hinarbeiten und sich selbst immer wieder beweisen müssen, dass sie nah am Erwachen sind.
Auch das ist ein Kreislauf der miteinander verbunden ist.
Das Erwachen selbst ist letztendlich nichts was wirklich wichtig ist. Das Erwachen ist nicht von belang.
Wenn es überhaupt um ein Ziel im Buddhismus gehen sollte, dann das Ziel das Leben mit all seinen Illusionen und Realitäten zu akzeptieren. Denn all das ist da um gelebt zu werden.
Das ist der Sinn des Selbst.
Namasté eure Andarnil
Bild: Webseite Alana Warlop
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