Mantra Musik

Mittwoch, 15. Juni 2016

Das langsame Sterben ...





Ich weiß das meine Ausführung den einen oder anderen schocken wird. Es wird mit Sicherheit sehr kontrovers diskutiert, vielleicht werde ich auch angegriffen. Ich bin gespannt.

Gestern wurde meine Hündin Bella operiert, sie hat Gesäugekrebs, wir nehmen an er ist bösartig.
Heute liegt sie still in ihrem Körbchen, sie hat sehr gekämpft bis die Narkose gewirkt hat. Von meiner hyperaktiven Bella ist nicht viel übrig... sie hat Schmerzen. Und ich leide mit.

Heute schreibe ich über meine Zwiespältigen Empfindungen, über das was ich weiß und das was ich an mir gerne verändern möchte.
Ich möchte so gerne das menschliche in mir ablegen, wenn es um das Leben eines Tieres geht. Klingt merkwürdig, das ist es auch. Denn es beinhaltet das ich all meine Gefühle ignoriere und statt dessen das Tier in seiner Ganzheitlichkeit wahrnehme mit all dem was es an natürlichen Instinkten in sich trägt. Das bedeutet auch, das ich das Tier, sein Leben, seinen Instinkt und sein Sterben genauso akzeptiere wie meinen Schmerz es zu verlieren.

Ich möchte mir bewusst machen, das mir kein Tier dieser Welt - genau wie kein Mensch dieser Welt gehört.
Und das ich nicht das Recht habe in einen natürlichen instinktiven Prozess von Leben und Sterben einzugreifen.
Ich möchte mich ändern.
Das ist die eine Seite.

Die andere Seite in mir möchte noch mehr tun für Tiere, ihnen ein Stück ihrer Würde zurück geben. Ihnen den Raum bieten, den Menschen ihnen weggenommen haben. Und ihnen durch die Möglichkeiten die wir Menschen haben das Leben und Sterben erleichtert.
Ich möchte das, was ich mir selbst auch wünsche - Freiheit für jedes Tier.

Wenn ich beide Gedanken nebeneinander stelle merke ich, das es nicht funktionieren kann.

Mir kamen diese Gedanken gestern als wir Bella nach der Op abholten. Wir brachten sie hin, da war sie noch unsere Bella. Sie hatte keine Schmerzen, war wie immer hyperaktiv und leicht ängstlich. Dann bekam sie die Spritze und wir merkten wie sehr sie sich dagegen sträubt, sie wollte partout nicht einschlafen. Allein das tat mir weh, weil ich begriff, wie unnatürlich und angstmachend das für sie sein musste. Sie verstand ja nicht, das wir nur ihr Bestes wollten, nämlich dass sie wieder gesund wird.

Als wir sie dann holten kam sie uns zitternd und voller Panik im Blick entgegen, sie konnte nicht wie sonst an mir hochspringen, aber sie freute sich, das wir wieder da waren.
Und nun liegt sie in ihrem Körbchen, sehr ruhig - so gar nicht das Wesen das sie sonst immer ist.
Hin und wieder zittert sie und oft fiepst sie wie ein Welpe. Ich werde ihr nachher Medikamente geben, gegen die Schmerzen.

In solchen Momenten denke ich mir, was tun wir eigentlich den Tieren an. Wir versuchen sie auf der einen Seite zu vermenschlichen und ignorieren ihre genetische instinktive Art mit Leben und Tod umzugehen und auf der anderen Seite nehmen wir ihnen jede Würde ihrer Existenz. Wir missbrauchen sie, quälen sie, töten sie, essen sie auf, ein Teil wird anderweitig verwertet und der Rest kommt auf dem Müll.
Was für ein schreckliches Dasein.

Tiere sind für uns Sklaven.

An solchen Tagen wie heute möchte ich keine Tiere mehr halten, weil ich Mensch bin und egal was ich mache, es nicht gut genug ist für das Tier.
Denn ein Mensch kann nie einem Tier das geben, was es wirklich braucht. Genug Freiraum und die Möglichkeit der eigenen Entscheidung, das fressen zu wollen was es will, Jagen zu wollen, töten zu wollen, in die Richtung zu laufen in die es laufen will ohne das ein Auto es anfährt. LEBEN zu wollen, STERBEN zu wollen.

Als Mensch sehe ich  es nur von meiner Seite.
Da ist ein Hund der mich braucht, eine Katze die gestreichelt werden will, ich der Dosenöffner.
Wir Menschen erkennen nicht den wahren Wert eines Tieres, weil wir entweder unser Herz total verschließen und Tiere zum Opfer machen, zur Ware. Oder weil wir unser Herz weit öffnen und das Tier den Part eines Freundes bekommt, den man ein ganzes Leben lang begleiten will und der keine Widerworte gibt und auch sonst dem Menschen jeden Wunsch von den Augen abliest und wenn er das nicht kann, wird er verschenkt oder kommt ins Tierheim oder wird eingeschläfert und dann holt sich der Mensch einen neuen Freund.

Es gibt Tiere die für uns arbeiten und die ihren Stellenwert dadurch erhöhen solange sie in der Lage sind zu arbeiten: Polizeihunde die ihr Leben aufs Spiel setzen, oder Zootiere die sich begaffen lassen, Tiere in der Forschung, die nur deshalb leben, um gequält zu werden.
Es ist so falsch. Manchmal denke ich das menschliche Gehirn hat hier einen Fehler. Ein Teil fehlt, oder ein Teil ist zuviel. Nur deshalb sind wir in der Lage all dieses Grauen umzusetzen Tagtäglich immer wieder aufs Neue.
Wir missbrauchen unsere Mitgeschöpfe aufs schlimmste. Wir nehmen ihnen den Raum den sie brauchen um zu leben, wir domestizieren sie und misshandeln sie, wenn ihr Instinkt die Oberhand bekommt. Hunde werden erzogen, damit sie dem Menschen dienen und wenn das nicht funktioniert, sagen wir: der Hund stimmt nicht. Er ist böse und wenn er böse ist, muss er dafür bestraft werden, wir töten und rechtfertigen es damit das wir andere Menschen schützen wollen. Wir freuen uns, wenn Tiere mit uns spielen und wir sagen: Wir tun ihnen einen Gefallen das wir mit IHNEN spielen. Wir halten uns für Helden, wenn wir ein Tier retten, das ohne uns nicht gerettet werden müsste. Wir erschießen Rehe, angeblich um die Überpopulation zu verhindern - in Wahrheit nennen wir die Jägerei - genau wie die Fischerei Sport - und Sport ist gerade in diesem Fall Mord.

All das ist so verrückt.

Diese Sicht auf die menschliche Seite ist hart. Und nach reiflicher Überlegung wird bewusst, dass wir womöglich nicht anders können. Das es eine Schuld in dem Sinne nicht gibt. Wir haben wahrscheinlich gar keine Wahl.
Die einzige Chance um an diesem Leid der Tierwelt etwas zu verändern, ist wohl das menschliche in einem Selbst abzulegen.

Die Buddhistin in mir sagt: Wir müssen erkennen, dass es kein ICH gibt.
Der Mensch in mir sagt: Wir müssen erkennen, das wir nicht gut sind.
Das wir von Grund auf die Monster auf diesem Planeten sind.

Ich muss es wohl akzeptieren, das ich meiner Bella leid angetan habe, um Leid zu verhindern. Ein ewiger Kreislauf, aus dem es kein Entrinnen gibt, solange ich das menschliche in mir trage.

Während ich das hier schreibe fühle ich eine tiefe Verbundenheit zu Monster und Tier.
Während ich das hier schreibe habe ich eine Entscheidung gefasst.
Sollte der Krebs noch einmal ausbrechen, werde ich ihr das nicht noch einmal antun. Ich liebe sie zu sehr. Noch haben wir etwas Zeit.
Das (wenn auch ICH-lose ) Monster in mir akzeptiert.

In diesem Sinne...
Leben und Tot liegen so nah beieinander das es unmöglich ist, beides voneinander zu trennen. Am Ende müssen wir akzeptieren, dass jedes Lebewesen sterben wird. Mit unserem Zutun oder ohne unser Zutun. Es tut immer weh.


Namasté eure Andarnil








2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für deine Gedanken, Johanna.
    Menschen haben den Umgang mit Tieren pervertiert. Und wieder hast du dieses dumme Schubladendenken, von dem ich dir gerade schrieb: dieses Tier ist ein Kuscheltier, jenes ein Nutztier. Für das eine bezahlen wir hohe Tierarztrechnungen, das Wohl des anderen interessiert uns nicht die Bohne. Hauptsache der Döner ist möglichst billig und wir können das Leid verdrängen.
    Ich freue mich, dass es immer mehr Menschen gibt, die dass anders sehen. Immer mehr Menschen verzichten immer häufiger auf Fleisch und fast wöchentlich sehe ich mittlerweile sogar beim Massendiscounter neue vegetarische oder vegane Produkte.
    Es gibt auch einige Menschen, die ein besonders großes Herz haben: Ihnen reicht das nicht und sie wollen noch mehr tun. Sie engagieren sich im Tierschutz, hole Hunde aus Rumänien und versuchen zu retten, was nur geht. Sie verdienen meine Hochachtung.
    Manche Menschen knien sich bis zur Selbstaufgabe in die Fürsorge für Tiere und leiden dabei selbst mit. Aus meiner Sicht haben sie die Grenze zwischen Mitgefühl und Mitleid überschritten. Das kann nur jeder für sich selbst entscheiden. Daher spreche ich hier nur für mich.
    Als Buddhist sehe ich keinen nennenswerten Unterschied zwischen einem Tier und mir (von Äußeren mal abgesehen, doch auch das ist relativ). Genaugenommen besteht keinerlei Unterschied: Wir sind eins. Auf so zahlreiche Ebenen mit einander verbunden, dass andere Menschen, Vögel, Hunde, Ameisen und ich identisch sind. Quasi ein Supraorganismus. Trete ich bei einem Regenspaziergang auf eine Schnecke und töte sie, stirbt auch ein kleines Teil von mir. Leidet ein naher Mensch und "mein" Hund, leide auch ich. Als unser Kaninchen alt, krank, verwirrt und ängstlich wurde, haben wir uns entschlossen, es einschläfern zu lassen. Ein Teil von meiner Seele starb auch und ich fühle die Wunde immer noch.
    Wir schweben immer an der Grenze zwischen Leid lindern und Leid verursachen. Manchmal müssen wir akzeptieren Auslöser von Leid zu sein und uns damit belasten (oder unser Karma versauen). Wir wissen als Eltern, dass es nötig ist unsere Kinder (oder Hunde) der Angst vor dem Arzt auszusetzen. Sei es für eine Impfung, einer Kariesbehandlung oder einer Operation. Wir wissen, das es das wert ist, weil wir schlimmeres Leid auf diese Weise verhindern. Irgendwann stehen wir vor dem Gewahrsein, dass diese Bilanz negativ sein wird und weitere Behandlungen mehr Leid verursachen als lindern.
    Doch bis es soweit ist, können wir Inseln der Liebe sein und in einem kleinen begrenzten Umfeld eine Atmosphäre aufbauen, in der unsere Mitgeschöpfe sich entfalten und wachsen können.

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    1. Danke dir Jörg für deine Gedanken und dein Dasein. Ich finde es schön, dass es Menschen gibt die meine Gedanken und Gefühle nachempfinden können.... du gehörst dazu. Alles liebe von der Jo

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